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Könnte man doch alles haben! Den Neubau mit knarrendem Fischgrätboden und hohen Räumen oder (noch besser) den sanierten Altbau mit anständiger Fassadendämmung, dichten Fenstern und – vor allem – Balkon. Geschmückt mit Lichterkette, kleiner Sitzecke und Kräutergarten. Darin wachsen Klassiker wie Schnittlauch, Petersilie und Basilikum neben duftendem Lavendel. Überm Geländer erfreut ein bunter Mix aus Petunien und Geranien die Menschen, die auf den Balkon heraufblicken. Viele sind es allerdings nicht. Denn: Die Freifläche liegt in Richtung Innenhof. Wie könnte es auch anders sein. Es ist schließlich eine Wunschvorstellung – und zwar nicht nur meine. Das zeigt ein Spaziergang durchs Grätzel.

Balkonlose Bewohner versuchen das Flair der eben skizzierten Wunschvorstellung zu schaffen, indem sie ihre Fensterbänke mit Blumenkisten schmücken. Eigentlich eine gute Idee – solange besagte Fensterbank nicht höher als Mezzaninniveau liegt oder die Körbe doppelt und dreifach fixiert sind. Denn ab dem ersten Stock lösen schwindelig überhängende Blumentröge keine sommerlichen Glücksgefühle, sondern vielmehr Windstoßphobien aus.

Doch wie können Städter ihre Pflanzensehnsucht stillen? Immerhin empfehlen auch Wohnpsychologen viel Grün im Wohnraum. Es entspannt den Geist und schafft – je nach Pflanzenwahl – Urlaubs gefühle. Balkonien war gestern. Heute gilt Wohnzimmeronien. Zugegeben, am Namen muss noch gefeilt werden. Aber ein gutes Pflanzenkonzept (Yuccapalmen im tropischen Badezimmer, ein Zitronenbaum für die mediterrane Küche und eine Birkenfeige fürs waldige Wohnzimmer) tut den Bewohnern und Bewohnerinnen gut – und bewegt vorbeispazierende Nachbarn nicht bei jedem noch so kleinen Luftzug zum Sprint. (Julia Beirer, 31.07.2021)