Dem ukrainischen Oligarchen Dmitri Firtasch werden Schmiergeldzahlungen vorgeworfen.

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Wien/Washington – Vier US-amerikanische Kongressabgeordnete haben im Juni in einem Brief ihre Regierung aufgefordert, diplomatische Bemühungen zu verstärken, um damit eine schnellere Auslieferung des ukrainischen Oligarchen Dmitri Firtasch aus Österreich in die USA zu bewirken. Dies berichtete der ORF in der "ZiB 2" am Donnerstagabend. Die USA verlangen seit 2014 die Auslieferung des Ukrainers, dem sie Schmiergeldzahlungen bei einem nie realisierten Titangeschäft in Indien vorwerfen.

"Wir sind besorgt, dass Herr Firtasch seinen beträchtlichen Reichtum und seinen schlechten Einfluss genutzt hat, um das Rechtssystem dieses Landes (Österreich, Anm.) zu untergraben und die Auslieferung und das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit zu umgehen", wurde in der "ZIB 2" aus dem Brief zitiert. Einer der Co-Autoren, der republikanische Kongressabgeordnete Andy Harris, beklagte in der Sendung, dass die Auslieferung viel länger als üblich dauere.

Warten auf finale Entscheidung

Vergangene Woche hatte bereits der hochrangige US-Diplomat und Ukraine-Spezialist George Kent die Causa in Kiew kommentiert. "Wir erachten Österreich als einen Rechtsstaat, und es gibt dafür Prozeduren", erklärte er in einem Fernsehinterview mit dem ukrainischen Dienst von Radio Liberty. Kent erinnerte daran, dass man den Vorgang leider schon vor sieben Jahren eingeleitet habe. Jeder in Österreich habe aber das Recht auf Berufung, und man warte auf eine finale Entscheidung des österreichischen Rechtssystems, sagte der Diplomat mit einem süffisanten Lächeln.

Während von aktuellen Interventionen nichts bekannt ist, haben US-Diplomaten bei ihren bilateralen Kontakten in Österreich die Causa in der Vergangenheit wiederholt thematisiert. In der Beantwortung einer APA-Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz listete das österreichische Justizministerium kürzlich fünf Treffen auf, in denen US-Botschafterin Alexa Lange Wesner und ihr Nachfolger Trevor D. Traina mit den damaligen Justizministern Wolfgang Brandstetter und Josef Moser (beide ÖVP) und Clemens Jabloner sowie der amtierenden Ministerin Alma Zadić (Grüne) auch über Firtasch gesprochen hatten.

Kritik von Anwalt Böhmdorfer

Die USA werfen dem Ukrainer Schmiergeldzahlungen an indische Politiker in Höhe von mindestens 18,5 Millionen Dollar (15,50 Mio. Euro) vor, die im Zusammenhang mit einem nie realisierten Titangeschäft erfolgt sein sollen. Der Ukrainer bestreitet die Vorwürfe. Firtasch-Anwalt Dieter Böhmdorfer zeigte sich laut der "ZIB 2" am Donnerstag durch den Abgeordnetenbrief in seiner Ansicht bestätigt, dass das Auslieferungsbegehren und die Vorwürfe gegen seinen Mandanten politisch motiviert seien.

Firtasch selbst war auf Grundlage des US-Begehrens im März 2014 in Wien festgenommen worden. Gegen eine Kaution von 125 Millionen Euro wurde er damals wieder auf freien Fuß gesetzt, darf aber Österreich nicht verlassen.

Entscheidung in den kommenden Wochen

Nachdem die Auslieferung Firtaschs im Sommer 2019 durch den Obersten Gerichtshof (OGH) für zulässig erklärt worden war und auch der damalige Justizminister Jabloner die erforderliche Zustimmung erteilt hatte, verhinderte ein Wiederaufnahmeantrag von Firtaschs Verteidigern beim Landesgericht (LG) Wien die drohende Überstellung des Ukrainers in die USA. Sie argumentieren, dass er in den USA kein faires Verfahren bekommen könne.

Nach langen Verzögerungen, die mit umfangreichen Eingaben der Verteidigung, Beschränkungen durch die Coronavirus-Pandemie sowie einen Richterwechsel in Verbindung gebracht worden sind, wird in Justizkreisen nun mit einer Entscheidung des LG Wien über diesen Antrag in den nächsten Wochen gerechnet. Ungeachtet des Richterspruchs ist in weiter Folge jedoch erneut mit Berufungen und Rechtsmitteln zu rechnen. (APA, 30.7.2021)