Wien – Es ist nicht zu übersehen. Die Konsumenten und Konsumentinnen haben nach den Corona-Monaten Nachholbedarf. Gastronomische Hotspots in Kleinstädten und Einkaufsstraßen sind bei Schönwetter gut besucht, in den Einkaufsmeilen herrscht vielfach Gewusel, und der eine oder andere Anbieter beobachtet einen regelrechten Kaufrausch. Da werden Gärten und Terrassen üppig mit Pflanzen und Möbeln ausgestattet, dort kommt ein Swimmingpool dazu, oder die Küche wird erneuert. Wieder andere rüsten sich mit neuem Sportgerät aus.

Vereinzelt wird aus der Einkaufslust sogar Einkaufsfrust, weil der Erwerb mancher Produkte – nicht zuletzt auch dank guter Nachfrage – mit langen Lieferzeiten verbunden ist. Kein Zweifel: Befreit von den Fesseln des Lockdowns blühen Konsumenten wieder auf und ziehen der schon davor erstarkten Industrie nach. Die ist schon länger auf die Wachstumsspur zurückgekehrt.

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Viele wollen die dramatischen Monate der Vergangenheit offenbar so rasch wie möglich wieder vergessen.
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Im zweiten Quartal ist die heimische Wirtschaft demnach auch spürbar gewachsen. Erstmals seit Ausbruch der Pandemie. Gegenüber dem Vorquartal legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 4,3 Prozent zu und im Jahresabstand sogar um 11,4 Prozent, ergab die Schnellschätzung des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). Im ersten Vierteljahr lag das BIP noch 1,1 Prozent unter dem Vorquartal und 4,5 Prozent unter dem Vorjahresvergleich.

Großer Aufholbedarf

Anlass zum Jubeln gibt es freilich nicht: Der kräftige Anstieg ist auch auf das sehr schwache Niveau im zweiten Quartal 2020 zurückzuführen. Damals haben die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie erstmals zur Gänze durchgeschlagen. Die Wohlstandsverluste wieder aufzuholen wird also noch dauern.

Nach dem EU-weit besonders tiefen Absturz der heimischen Wirtschaft im vergangenen Herbst kommt aber die rot-weiß-rote Wirtschaft beim Aufschwung im Vergleich mit anderen EU-Ländern wieder zügig voran.

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Vor allem die in der Corona-Krise am stärksten betroffenen Bereiche profitierten vom Fallen der Covid-Einschränkungen Mitte Mai. Der Sektor Handel, Verkehr, Beherbergung und Gastronomie wuchs im Quartalsabstand um ein Fünftel, nach einem Minus von 9,5 Prozent im ersten Vierteljahr. Friseure, Kinos und andere Dienstleister legten um 7,1 Prozent zu.

Inflation bleibt hoch

Der deutliche Aufschwung verglichen mit dem Vorjahr schlägt sich aber auch im Preisniveau nieder. Auch im Juli wird die Inflation deutlich über zwei Prozent liegen, einer ersten Schätzung der Statistik Austria zufolge dürfte sie bei 2,7 Prozent im Jahresabstand landen. Preistreiber sind weiter Treibstoffe und Haushaltsenergie, zudem gibt es bei Flugtickets starken Preisauftrieb. Auch in der Gastronomie dürfte mancher Gast beim Zahlen noch einmal schlucken angesichts stark gestiegener Preise.

Kräftiges Wachstum bei hohen Inflationsraten wird auch außerhalb der Landesgrenzen verzeichnet. Die Wirtschaft der Eurozone wuchs im Vergleich zum Vorquartal um zwei Prozent. Im Vergleich mit dem Vorjahr legte das BIP um 13,7 Prozent zu. Portugal verzeichnete mit plus 4,9 Prozent zum Vorquartal den höchsten Anstieg gefolgt von Österreich. In Deutschland blieb das Wachstum mit 1,5 Prozent aber hinter den Erwartungen der Ökonomen zurück. (Regina Bruckner, Alexander Hahn, 31.7.2021)