Aus der Steiermark auf die Insel: Markus Schopp will sich in England weiterentwickeln.

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Ich war nie ein Träumer", sagt Markus Schopp. Der 47-jährige Steirer gibt sich nach seinem Wechsel von Hartberg nach Barnsley in die zweite englische Liga demütig. Am 7. August startet er mit Barnsley bei Cardiff in die neue Championship-Saison.

STANDARD: Die Liste von Österreichern, die bisher in England als Fußballtrainer gearbeitet haben, ist nicht lang. Haben Sie über das Angebot von Barnsely lange nachdenken müssen?

Schopp: Es ging ruckizucki. Binnen 24 Stunden sind die Engländer sehr konkret geworden. Wie oft kriegt man eine Chance, in der Championship zu coachen? Ein wichtiger Faktor ist meine Familie, mit der habe ich das natürlich besprochen.

STANDARD: Barnsley ist ein Traditionsverein in England, schloss das letzte Jahr auf Platz fünf inder zweiten Liga ab. Der Verein hat Aufstiegsambitionen. Was ist Ihr Ziel?

Schopp: Barnsley hat eine lange Historie im Fußball, gewann einmal den FA-Cup, spielte Ende der 90er ein Jahr in der Premier League. Es ist eine Fahrstuhlmannschaft. Ich sehe Parallelen zu Hartberg. Sie sind mit bescheidenen Mitteln sportlich sehr erfolgreich, setzen auf junge Spieler. In der Championship kann Barnsley ähnlich wie Hartberg in in der Bundesliga finanziell mit den Topteams bei weitem nicht mithalten. Dass Barnsley die Championship gewinnt, davon kann man aber nicht ausgehen. Wir wollen eine gute Rolle spielen in der Meisterschaft.

Ein Treffen alter Freunde: Pep Guardiola und Markus Schopp kickten einst gemeinsam bei Brescia in der Serie A. Gestern gab es ein Wiedersehen beim Testspiel Manchester City vs. Barnsley, das die Citizens 4:0 gewannen.

STANDARD: Der Salzburger Gerhard Struber saß bei Barnsley vor zwei Jahren auf der Trainerbank. Sein Nachfolger, Ex-LASK-Trainer Valerien Ismael, verließ im Sommer Barnsley Richtung West Bromwich. Sind Trainer aus der heimischen Bundesliga mittlerweile international gefragter als früher?

Schopp: Die Wahrnehmung hat sich zum Positiven verändert. Oliver Glasner, Adi Hütter oder Ralph Hasenhüttl haben eine ganz klare Botschaft ins Ausland gesendet, wie sich Trainer in Österreich entwickelt können. Dazu kommen die internationalen Erfolge vom LASK, vom WAC und Salzburg.

STANDARD: Wie spielte Barnsley unter Struber und Ismael? Wie wird Barnsley jetzt unter Schopp spielen?

Schopp: Struber ließ sehr viel Kreativität bei Barnsley zu, Ismael stand für Klarheit und Struktur. Ich habe meine eigene Idee von Fußball.

STANDARD: Und wie sieht diese Idee genau aus?

Schopp: Die Engländer haben bereits richtig viel über mich gewusst, die sind nicht über irgendeinen Manager auf mich draufgekommen. Sie arbeiten viel mit Daten, einer ihrer Indikatoren war, welcher Trainer mit wenig Mitteln erfolgreich sein kann. Sie haben erkannt, dass ich ein Trainer bin, der gerne Ballbesitz hat, aber auch in der Verteidigung aggressiv gegen den Ball arbeiten lassen will.

STANDARD: Warum haben Sie sich Ende Mai, noch vor dem Barnsely-Deal, für eine Vertragsverlängerung bei Hartberg und damit gegen einen größeren Klub in der Bundesliga entschieden? Die Austria rief bei Ihnen an.

Schopp: Ich plane meine Entwicklungsschritte sehr genau. Ein größeres Umfeld, ein größerer Name bedeutet nicht automatisch den nächsten Karriereschritt. Ich frage mich immer, wo kann ich größer werden in meinem Denken? Für viele Trainer wäre Hartberg wohl die am wenigsten interessante Aufgabe in der Bundesliga gewesen. Für mich war es genau richtig. Ich konnte viel bewegen, durfte mich ausprobieren. Ein anderer Bundesligaklub kam für mich zu diesem Zeitpunkt nicht infrage.

STANDARD: Haben Sie einen Karriereplan als Fußballtrainer?

Schopp: Ich möchte mich in meinen eigenen Strukturen weiterentwickeln. Als Spieler hatte ich schon meistens ein gutes Gefühl für meine Vereinsplanung, ob das meinen Verbleib bei Sturm Graz betraf oder meinen späterer Wechsel nach Italien. Ich bin sehr demütig, dass ich in Hartberg arbeiten durfte und jetzt diese Chance bekomme. Ich kenne viele sehr gute Trainerkollegen, für die sich keine Tür öffnet, weil sie nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind.

STANDARD: Glasner, Hütter und Hasenhüttl haben allesamt Red-Bull-Vergangenheit. Ist Salzburg die Benchmark, an der sich alle österreichischen Trainer messen müssen?

Schopp: Wir haben in Österreich nun einmal eine Konstellation, in der seit mehr als einem Jahrzehnt eine Mannschaft mit Aggressivität und Tempo im Spiel dominiert. Ich habe als Trainer keinen Salzburg-Stempel, sehe mich aber trotzdem auf einem guten Weg. Wenn man etwas nur kopiert, liegt man meist falsch. Aber man muss sich an dieser Weiterentwicklung im Fußball, die Österreich auch große internationale Erfolge gebracht hat, natürlich orientieren.

STANDARD: Ursprünglich sollten Sie mit Hartberg in die neue Saison starten, dann kam der Anruf aus England. War es ein dennoch freundschaftlicher Abschied aus der Steiermark?

Schopp: Mein Verhältnis zu Hartberg ist toll, ich verstehe mich super mit Präsidentin Brigitte Annerl und Obmann Erich Korherr. Ich hatte immer die Vertragsoption, dass ich mich verändern kann, sollte sich eine große Chance auftun. Für Hartberg ist es einerseits superbitter, andererseits hätten sie keine Ablöse für mich bekommen, wenn ich das Angebot von Barnsley drei Woche früher und damit vor meiner Vertragsverlängerung bekommen hätte. (Florian Vetter, 1.8.2021)