In Zeiten der Klimakrise muss ein Festival, das sich aktivistisch positioniert, wirklich nicht alle Teilnehmenden einfliegen lassen: Ambient-Legende Brian Eno wird also zugeschaltet, gut so!

Foto: Shamil Tanna

Normalerweise findet das Elevate-Festival, bei dem ähnlich wie beim Kremser Donaufestival die Kunst nicht ohne den Diskurs gedacht wird, ja im März statt. Nun verbindet die Grazer mit den Kremsern auch die Erfahrung des großen Verschiebens: Zuerst wurde das Elevate in den Mai, schließlich auf Anfang August verlegt. Kommenden Mittwoch bis Sonntag ist es nun aber wirklich, wirklich, wirklich so weit.

Das Elevate, dessen wohl größtes Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen genreübergreifenden Kulturfestivals wohl ist, dass es sich als Vernetzungsplattform für Aktivistinnen und Aktivisten sieht, will in seiner 17. Ausgabe über den Begriff "Momentum" nachdenken. Wie entstehen Bewegungen wie der Arabische Frühling, Occupy Wallstreet, Fridays for Future oder Black Lives Matter? Wie hat die Vernetzung übers Internet die Gemeinschaftsbildung beschleunigt und verändert? Und inwiefern hat die Covid-Krise klassischen Formen des Protests wie Demonstrationen einen Riegel vorgeschoben?

Zum Festivalmotto "Momentum – wie geht eigentlich Zukunft?" spricht der Philosoph Philipp Blom, er wird sich dabei auf neue Lebensmodelle, die die Natur stärker mitdenken, fokussieren.

Eno als Liftmusiker

Auch das fast obligatorische Diskussionspanel zu Identity-Politics "Soziale Bewegungen, autoritäre Versuchungen?" – übrigens moderiert vom Donaufestivalleiter Thomas Edlinger – sei empfohlen. Am Sonntag erklärt der nigerianische Aktivist Wole Adegbule via Videostream, wie er mit Kunst und Musik im bevölkerungsreichsten Land Afrikas auf die Klimakrise aufmerksam macht, während die lebende Musiklegende, der Ambient-Vordenker Brian Eno, am Sonntag aus Großbritannien zugeschaltet über "eh alles" sprechen wird.

Das ist aber nur das Sahnehäubchen auf der eigentlichen Torte: nämlich Enos 3D-Installation 77 Million Paintings, die sogar bis Ende August im Grazer Dom im Berg zu sehen sein wird. Man sollte sich Zeit dafür nehmen, entfalten doch die endlosen Variationen von zufällig ausgewählten sphärischen Sounds und digitalen Bildern erst ihre Wirkung, wenn man sich quasi meditativ auf das Spiel von Licht und Klang einlässt. Da stellt sich natürlich auch die Frage, ob eine Art Momentum auch aus einer sehr langsamen Bewegung entstehen kann?

Eno, der dieses Jahr auch für das Format "Music for Elevators", eine ganzjährige Klanginstallation im Lift des Schlossbergs, verantwortlich zeichnet, wird trotz physischer Abwesenheit also auch als Musiker beim Elevate präsent sein.

Wer seine Soundkünstlerinnen und -künstler aber doch lieber "in the flesh" bestaunt, darf sich auf den Auftritt der schwedischen Experimental-Organistin Anna von Hausswolff freuen. Freilich speist sich das musikalische Line-up Covid-bedingt eher aus heimischen Acts, was der Qualität aber keinen Abbruch tut. Fast alle Genres sind vertreten: Deconstructed Club Music kommt vom Grazer Asfast, Postpunk vom Quartett Culk, und Lukas Lauermann bearbeitet sein Cello. Graz, wir kommen! (Amira Ben Saoud, 31.7.2021)