Der Baumschläfer ist ein ausgesprochen seltener Anblick in unseren Wäldern.
Foto: Bundesforste/Hlasek

Auch wenn einen die Wortähnlichkeit im Dialekt zu dem Gedanken verleiten könnte, dass das Wiener Schimpfwort "Pülcher" von den Bilchen herrührt, haben die beiden in Wahrheit nichts miteinander zu tun: Der "Pülcher", manchmal auch "Pülch", ist ein Gauner und Nichtsnutz und etymologisch mit dem Pilger verwandt. Die Bilche hingegen kennt man auch als Schlaf- oder Bilchmäuse – obwohl sie keine Mäuse im engeren Sinn sind –, und sie erwecken auf den ersten Blick wegen ihrer Putzigkeit nicht gerade den Eindruck von Strolchen.

Laute Siebenschläfer

Wer freilich mit Siebenschläfern (Glis glis), dem bekanntesten Bilch, unter einem Dach wohnen muss, dem könnten durchaus noch schlimmere Schimpfwörter in den Sinn kommen. Die Nager haben es sich zur Angewohnheit gemacht, nächtens durchs Gebälk zu lärmen und ihre Schlafnester im Dämmmaterial oder in Zwischenwänden zu errichten, wobei sie zu Zerstörungen fähig sind, die man den kleinen, knopfäugigen Tieren mit einer Rumpflänge von rund 15 Zentimetern gar nicht zutrauen würde. Neben diesem Störenfried zählen in unseren Breiten auch die Haselmaus (Muscardinus avellanarius), der Gartenschläfer (Eliomys quercinus) und der Baumschläfer (Dryomys nitedula) zu den Bilchen.

Letzterer gilt in Mitteleuropa jedoch als extrem selten, weshalb er in der Europäischen Union streng geschützt ist. Da der inklusive seines buschigen Schwanzes bis über 20 Zentimeter lange Nager jedoch vom Baltikum bis Nordchina vorkommt, dürfte seine weltweite Gesamtpopulation aktuell nicht unmittelbar gefährdet sein. In Österreich allerdings liegen die letzten regelmäßigen Sichtungen bereits mehr als hundert Jahre zurück.

Die vermutete Verbreitung des Baumschläfers in der Paläarktis.
Grafik: IUCN/Kürthy

Flauschiger Schläfer mit Zorromaske

Am wohlsten fühlt sich der Baumschläfer in feuchtschattigen und unterwuchsreichen Mischwäldern, in denen es Baumhöhlen und genügend Platz für seine freistehenden Nester gibt. Zu erkennen ist er an seinem flauschigen, grauen bis hellbraunen Fell, seinem buschigen Schwanz und der "Zorromaske", einem schwarzen Augenband, das bis zu den Ohren reicht.

Obschon auch dort sehr selten, kennt man in Südtirol inzwischen einige Orte, wo der Baumschläfer vorkommen dürfte: Dort wurde nach zwei historischen Funden aus den Jahren 1880 und 1912 erstmals wieder im Jahr 2000 ein Baumschläfer gesichtet, und zwar nördlich von Bozen auf 1.770 Metern. Seither konnten Biologen den Baumschläfer in Südtirol an insgesamt 20 Standorten nachweisen.

Dass Österreich in dieser Hinsicht so schlecht dasteht, liegt vor allem auch an mangelhaften Daten. So existieren in Nordtirol mehrere historische Nachweise der Art bis zum Jahr 1977. Man vermutet, dass der Baumschläfer etwa im Ötztal in entsprechend geeigneten Wäldern auch heute noch vorkommt, ein Fund aus dem Vorjahr weist jedenfalls darauf hin. Genaues weiß man allerdings nicht, schon gar nicht, was die eventuelle Populationsgröße betrifft.

Nachdem der Baumschläfer nur in der Dämmerung und nachts unterwegs ist und tagsüber schläft, weiß man nur wenig über seine Lebensweise.
Foto: Bundesforste/Hlasek

Sensationeller Fund in Salzburg

Immerhin aber zeigte ein aktueller Fund, dass der Baumschläfer auch im Bundesland Salzburg zu finden ist. Um zu erforschen, wie der Lebensraum für Baumschläfer erhalten werden kann, und um festzustellen, in welchen Gebieten Österreichs der Nager tatsächlich noch vorkommt, wurden im Rahmen eines bundesweiten Projekts der Österreichischen Bundesforste, des Instituts Apodemus und des Naturschutzbundes auf Bundesforste-Flächen mehr als 600 wetterfeste Holzquartiere installiert. Dabei konnte der seltene Bilch nun erstmals in Tamsweg im Lungau nachgewiesen werden: Ein Weibchen hatte einen dieser Nistkasten bezogen.

Darüber hinaus rufen Bundesforste und Co Naturinteressierte dazu auf, sich als Citizen-Scientists an der Suche nach Bilchen und ganz speziell nach Baumschläfern zu beteiligen und entsprechende Beobachtungen auf naturbeobachtung.at oder baumschlaefer.at mitzuteilen.

Leicht machen es einem die Schlafmäuse dabei freilich nicht: Da sie großteils dämmerungs- und nachtaktiv sind, weiß man nur sehr wenig über ihre Lebensweise und kann sie auch nur mit viel Glück beobachten. Allenfalls kurz vor und nach dem Winterschlaf lassen sich die Nager bisweilen auch tagsüber blicken. (tberg, red, 31.7.2021)