Die Aluminiumdose hat von der Pandemie profitiert. Die Getränkeverpackung ist global so nachgefragt wie nie zuvor. Unter anderem deshalb, weil Bier und Limonaden weltweit Corona-bedingt nicht im Krug im Lokal, sondern eher in der Dose auf der Couch konsumiert wurden. So erklärt zumindest der US-amerikanische Interessenverband Can Manufacturing Institute (CMI) die erhöhte Nachfrage nach der Getränkeverpackung – die in den USA während der Pandemie zeitweise komplett vergriffen war und deshalb massenweise importiert wird.

Zudem würden immer mehr Konsumenten weltweit zu Getränken in Dosen greifen, um Plastik zu vermeiden, und immer mehr Hersteller daraufhin Drinks in der Aludose auf den Markt bringen, meint das CMI. So gibt es in den USA zurzeit einen Hype um neue alkoholische Limos, sogenannte Hard Seltzers, in Dosen. Pepsi testet sogar Dosenwasser als "umweltfreundlichere" Plastikalternative, und Red Bull bewirbt seine Dosen längst als "100 Prozent recycelbar".

Doch ist die Aludose wirklich so viel besser als Plastik? Sie hat jedenfalls einen entscheidenden Vorteil: 75 Prozent des jemals produzierten Aluminiums befindet sich auch heute noch im Umlauf. Denn Aluminium lässt sich anders als Papier oder Plastik quasi unendlich oft wiederverwerten – ohne Qualitätsverlust. Und: Das Recycling einer Alugetränkedose spart im Vergleich zur Neuproduktion rund 95 Prozent Energie.

DER STANDARD widmet sich in einer losen Serie der Kreislaufwirtschaft.

Doch aus alten Aludosen werden meist keine neuen – auch wenn die Werbeabteilungen großer Getränkekonzerne versuchen, das zu vermitteln. In den meisten Recyclingprozessen wird unterschiedlicher Aluschrott zusammengeschmolzen – das Ergebnis dieses sogenannten Downcyclings ist schlechteres Aluminium, aus dem zumeist keine Dosen hergestellt werden. Dafür bräuchte es nämlich eine reinere Qualität, die nur bei konsequenter Mülltrennung erzielt wird.

Rohstoffe aus Afrika

Und so wird weiterhin neues Bauxit, aus dem Aluminium gewonnen wird, unter umweltschädlichen Rahmenbedingungen abgebaut. Die umfangreichsten Reserven der Welt schlummern in den Böden Westafrikas. Dort werden Regenwälder für die Gewinnung abgeholzt und Luft und Flüsse dabei verschmutzt. Indigene Völker werden umgesiedelt, und seltene Arten wie Schimpansen durch den Abbau zurückgedrängt.

Zudem fallen bei der Herstellung von einer Tonne Aluminium bis zu vier Tonnen giftiger Rotschlamm an. Bei dem Kolontár-Dammbruch in Ungarn vor elf Jahren wurde das Land von einer Million Kubikmeter Rotschlamm überschwemmt und verwüstet. 150 Menschen wurden verletzt, zehn starben.

Ob Softdrinks oder Bier, Getränke werden gerne auch in der praktischen Dose – die noch dazu ein vorzüglicher Werbeträger ist – kredenzt.
Foto: Imago

Kurzes Leben

"All das, obwohl die Dose nur ein paar Minuten in Verwendung ist und oft in der Natur oder im Restmüll landet", sagt Lena Steger, Ressourcenexpertin bei der Umweltschutzorganisation Global 2000. Mit dem Umstieg von der Plastikflasche auf die Aludose sei der Natur jedenfalls nicht geholfen. Konsumenten sollten – wenn überhaupt – zur Mehrwegflasche greifen, so könne Müll am besten vermieden werden. Denn diese könnte rund 40-mal befüllt werden, so würden 39 Einwegdosen oder -flaschen eingespart.

Generell gelte es, von dem "Wegwerftrend" wegzukommen, so Steger, die sich wie ihre Organisation zum wiederholten Mal für ein Einwegpfand auf Plastik und Metall sowie Glas in Österreich ausspricht. Dies sei der beste Weg, um Ressourcen einem "sortenreinen" Recyclingprozess zuzuführen und im Kreislauf zu behalten.

800 Millionen Aludosen werden in Österreich jährlich konsumiert.
Foto: APA/Neubauer

Eigentlich steht Österreich beim Recyceln – außer bei Plastik – bereits ganz gut da. Laut dem größten heimischen Sammel- und Verwertungsunternehmen, der Altstoff Recycling Austria (ARA), liegt das Land gar im europäischen Spitzenfeld. Die Sammel- und Recyclingquote für Aludosen liege bei 73 Prozent.

Was gezählt und gesammelt wird

Steger findet diese Zahl irreführend und verweist auf eine Studie, die das Technische Büro Hauer zusammen mit der Montanuniversität Leoben und der Boku im Auftrag des Klimaschutzministeriums durchgeführt hat. Auf STANDARD-Nachfrage erklärt Umwelttechniker Walter Hauer, dass die ARA auch jene Aluminiumreste als "gesammelt" werte, die bei der Restmüllbehandlung abgeschieden und dem Recycling zugeführt werden.

Der Anteil der jährlich rund 800 Millionen in Österreich konsumierten Aludosen – mit einer Masse von knapp 14.000 Tonnen –, die je nach Bundesland in der Gelben Tonne, dem Gelben Sack oder der Blauen Tonne landen, belaufe sich auf lediglich 37 Prozent, so Hauer. Konkret heißt das: Nur eine von drei Aludosen wird von Konsumenten tatsächlich getrennt gesammelt.

Auch Hauer und die anderen Studienautoren sprechen sich für ein flächendeckendes Einwegpfandsystem für Getränkeverpackungen aus Metall und Plastik aus. Aber vorrangig aus folgendem Grund: Sollte das Einwegpfand nämlich nur für Plastik gelten, dann würden Hersteller mit hoher Wahrscheinlichkeit die Plastikflasche einfach durch die Aludose ersetzen und achtlos weggeworfene Dosen würden sich weiterhin in Straßengräben und im Wald finden. (Flora Mory, 16.8.2021)