2019, als die Urheberrechtsreform im EU-Parlament verabschiedet wurde, demonstrierten europaweit tausende vor allem jüngere Bürgerinnen und Bürger.

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Internetplattformen müssen ab Sonntag in Deutschland dafür sorgen, dass ihre Nutzerinnen und Nutzer sich an das Urheberrecht halten – oder selbst dafür haften. Das entsprechende Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz ist nämlich nun in Kraft getreten. Seiten wie Youtube, Twitter oder Facebook, die es erlaubten, nutzergenerierte Inhalte zu veröffentlichen, müssen Lizenzverträge mit Urheberinnen und Urhebern abschließen. Dem Gesetz zufolge soll das geschehen, sofern ihre Inhalte "in mehr als geringfügigen Mengen" öffentlich gezeigt werden. Bei Inhalten, für die keine Vereinbarung abgeschlossen wurde, muss die Veröffentlichung anhand einer Sperre oder Entfernung unterbunden werden. Auch Uploadfilter sind vorgesehen. Dabei handelt es sich um automatisierte Systeme, die bereits vor der Veröffentlichung eines Inhalts erkennen sollen, ob ein Inhalt rechtswidrig hochgeladen wurde – und diesen sperren

Bagatellgrenze

Eine Bagatellgrenze ist vorgeschrieben, die es erlaubt, kleinere Inhalte kostenlos zur Verfügung zu stellen: Bei Filmen und Tonaufnahmen sind 15 Sekunden unproblematisch, Bei Texten dürfen 160 Zeichen genutzt werden, bei Fotos 125 Kilobyte. Ausnahmen gelten bei Parodien, Pastiche oder Karikaturen, wobei auch dann nicht mehr als 50 Prozent des originalen Inhalts genutzt werden dürfen. In der Vergangenheit hatte eine Verpflichtung zu Uploadfiltern für Kritik gesorgt, da sie vor allem bei der Erkennung eigentlich legaler Inhalte wie eben Satire als fehleranfällig gelten. Anders als in anderen EU-Staaten darf hochgeladener Content aber erst gesperrt werden, sobald ein Beschwerdeverfahren abgeschlossen wurde.

Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich

Von 27 EU-Staaten haben bisher nur vier die Regelung umgesetzt, wie sie es bereits getan haben. Aus diesem Grund hat die EU-Kommission bereits Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet – darunter auch gegen Österreich. Hierzulande wird zu der Reform noch zwischen ÖVP und Grünen verhandelt. Aus informierten Kreisen heißt es gegenüber dem STANDARD, dass die Koalitionspartner vor allem noch darüber debattieren, wie groß Inhalte sein dürfen, bevor ein Uploadfilter zum Einsatz kommen muss. Zudem werden Details zum konkreten Urhebervertragsrecht – etwa, wie Kunstschaffende in ihren Positionen gestärkt werden sollen und wie die Vergütung konkret aussehen wird. Eine Begutachtung des finalen Entwurfs dürfte bis Herbst zu erwarten sein.

EuGH: Uploadfilter verstoßen nicht gegen EU-Recht

Mitte des Monats erklärte ein Generalanwalt des EuGH, dass die Verpflichtung zu Uploadfiltern nach EU-Recht zulässig sei. Allerdings dürfe keine Absolute Wirksamkeit derartiger Systeme verlangt werden. Er warnt aber auch vor dem "Chilling Effect", also, dass Nutzer aus Angst vor der Entfernung erlaubter Inhalte weniger hochladen würden.

Da jeder EU-Staat eine eigene Regelung umsetzt, bedeutet das aber für Plattformen, dass sie verschiedene Uploadfilter je nach Mitgliedsland einrichten müssen. Das hat für Unmut gesorgt, der deutsche Branchenverband Eco kritisiert etwa, dass so im schlimmsten Fall 27 unterschiedliche nationale Umsetzungen auf Unternehmen zukommen würden. (muz, 1.8.2021)