Opfer von vorurteilsmotivierten Delikten behalten die an ihnen begangenen Straftaten oft für sich. Das Vertrauen in die Polizei ist grundsätzlich geringer.

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Hassverbrechen haben Auswirkungen weit über das konkrete Opfer hinaus. Sie werden deshalb auch als sogenannte "Message Crimes" bezeichnet: Werden etwa fortwährend Delikte wie Vandalismus gegen Moscheen begangen, hat das weitergehende Auswirkungen auf die Community.

Grundsätzlich weniger Vertrauen in die Polizei

Angehörige diskriminierter Gruppen, die Opfer einer Straftat wurden, haben zudem ein geringer ausgeprägtes Vertrauen in die Polizei als die allgemeine Bevölkerung, wie eine Auswertung des "European Social Survey" durch das Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie (IRKS) zeigt. Dass die Personen auch Opfer von Hassverbrechen wurden, wurde zwar so nicht erfasst. Die Annahme sei daher zwar "spekulativ, jedoch alles andere als unplausibel".

Während also 19 Prozent aller Befragten ihr Vertrauen in die Polizei als "gering" einschätzten, taten dies 41 Prozent der erwähnten Opfergruppe. Eine Diskrepanz gibt es auch bei der Justiz: 30 Prozent aller Befragten haben geringes Vertrauen, bei den Opfern sind es 45 Prozent. Festzuhalten ist jedoch, dass Angehörige diskriminierter Gruppen generell weniger Vertrauen aufweisen, auch wenn sie kein Opfer einer Straftat wurden. Auch das Sicherheitsempfinden von Angehörigen diskriminierter Gruppen ist generell niedriger. Bei manchen ist das Vertrauen so gering, dass die Taten erst gar nicht zur Anzeige kommen – und damit bei der Polizei bzw. im Innenministerium auch gar nicht aufscheinen. Aus diesem Grund wurde für den Bericht im November 2020 auch eine umfassende Dunkelfeldstudie durchgeführt.

Hohe Dunkelziffer

Das Dunkelfeld an nicht angezeigten Hassdelikten ist laut dem Bericht "beträchtlich": Vier Prozent der 2325 telefonisch befragten Menschen gaben an, in den letzten fünf Jahren Opfer einer vorurteilsmotivierten Tat gewesen zu sein. Nehme man diesen Wert als Grundlage, komme man auf einen geschätzten Jahreswert von mindestens 59.000 vorurteilsmotivierten strafbaren Handlungen. Die Anzeigenquote betrug bei der telefonischen Befragung 44 Prozent – es bleiben also 26.000 mutmaßlich vorurteilsmotivierte Straftaten, von denen die Polizei hätte erfahren müssen. Dieser Wert übersteigt den aus den kriminalstatistischen Daten geschätzten Jahreswert von 4.000 Delikten bei weitem.

Wieso Anzeigen ausbleiben

Wieso bleibt der Gang zur Polizei aber aus? Die Studie legt nahe, dass dies häufiger aufgrund unbekannter Täter passiert, während als aussichtslos erachtete Fälle – etwa Betrugsversuche im Netz – eine geringere Rolle spielen. Im Gegensatz zu nicht vorurteilsmotivierten Delikten habe aber auch die Angst vor Vergeltung eine gewisse Bedeutung. Bei Fällen von Hasskriminalität geben Opfer zudem öfter an, eine Anzeige hätte sie psychisch überfordert. Seltener ist dagegen die Einschätzung, die Polizei habe nichts machen können oder wollen. (Vanessa Gaigg, Lara Hagen, Gabriele Scherndl, 2.8.2021)