Christoph Chorherr bei einer Pressekonferenz im grünen Klub im Jahr 2017.

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In den Ermittlungen gegen den einstigen grünen Spitzenpolitiker Christoph Chorherr ist es zu einer überraschenden Wende gekommen – und zwar ausgehend von Chorherr selbst. Sein Anwalt Richard Soyer übermittelte im Mai einen Antrag auf Diversion an die ermittelnde Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Chorherr sei bereit, Verantwortung zu übernehmen, dafür soll das Ermittlungsverfahren beendet werden. Dem einstigen grünen Planungssprecher im Wiener Landtag und Gemeinderat werden Spenden an seinen karitativen Verein S2Arch vorgeworfen. Mehrere große Baukonzerne überwiesen Geld an S2Arch, womit Schulen in Südafrika finanziert wurden.

Die WKStA sieht jedoch einen Zusammenhang zwischen Chorherrs politischer Tätigkeit und den Spenden an seinen Verein. Sie führt dazu an, dass "etablierte und namhafte Bauunternehmer und -unternehmen vorgeblich zufälligerweise aus rein altruistischen Gründen an den Verein S2Arch spendeten, aber erst nachdem Chorherr in den Gemeinderat gezogen war". Außerdem hätten sich die Privatspenden "zumindest verdoppelt", nachdem die Grünen Teil der Wiener Landesregierung geworden waren. Die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou war ab dem Jahr 2010 für Stadtentwicklung zuständig, als Planungssprecher der Grünen und stellvertretender Vorsitzender des Wohnbau-Ausschusses hatte Chorherr also großen Einfluss.

"Verantwortung übernehmen"

Seine Verteidigung bestreitet, dass der gestiegene Spendenerlös mit der grünen Regierungsbeteiligung zu tun habe – vielmehr hätten zwölf europäische Architekturfakultäten das Projekt unterstützt. Außerdem hätten im Beweisverfahren Sachverständige, Dezernatsleiter und Abteilungsleiter der zuständigen Wiener Behörde erklärt, dass es zu keinen Interventionen gekommen war. In der Causa wird mittlerweile gegen 44 Beschuldigte ermittelt, es gilt die Unschuldsvermutung. Bezüglich aller 44 Beschuldigten, darunter 24 Verbände, wurde von der WKStA ein Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien vorgelegt.

"Das Ermittlungsverfahren hat klar ergeben, dass meinem Mandanten keine Pflichtverletzungen in Ausübung seiner Funktionen vorzuwerfen sind. Als Verteidigung haben wir die Durchführung der Diversion beantragt, da die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen", sagt Anwalt Soyer zum STANDARD. Im Diversionsantrag, über den zuerst der "Kurier" berichtet hat, räumt Chorherr allerdings ein, dass "seine Tätigkeit als Amtsträger zeitgleich mit seiner Vereinsobmannschaft (...) ein Fehler war". Ihm sei bewusst, dass "dadurch der Eindruck entstehen konnte, es gäbe einen Zusammenhang zwischen Spenden für südafrikanische Schulen auf der einen und seiner Tätigkeit als Planungssprecher der Grünen auf der anderen Seite". Dafür will Chorherr Verantwortung übernehmen.

Noch keine Reaktion

Die WKStA kann Chorherr nun verschieden "belastende Maßnahmen" auferlegen, die dieser dann akzeptieren kann: beispielsweise die Zahlung eines Geldbetrags oder gemeinnützige Arbeit. Nimmt dieser die Diversion an, werden die Ermittlungen gegen ihn beendet. Nach Ansicht seiner Verteidigung sind die Voraussetzungen für eine Diversion erfüllt: Die zur Last gelegte Straftat sei nicht mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht, die Schuld des Antragstellers sei "keinesfalls als schwer anzusehen". Voraussetzungen für eine Diversion ist auch, dass keine generalpräventiven Gründe dagegen sprechen. Dem Vernehmen nach hat die WKStA auf den im Mai gestellten Diversionsantrag noch nicht reagiert. (Renate Graber, Fabian Schmid, 2.8.2021)