Lewis Hamilton, siebenfacher Weltmeister ...

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und Sebastian Vettel, vierfacher Weltmeister, setzten in Ungarn Zeichen.

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Am Tag nach dem Tohuwabohu vom Hungaroring fühlte sogar Lewis Hamilton mit Unglücksrabe Sebastian Vettel. "Es tut mir so leid für Seb", schrieb der Weltmeister auf Instagram. "Es ist immer eine Ehre, mit dir auf dem Podium zu stehen. Du hast dir dieses Resultat verdient." Behalten darf Vettel diesen für ihn so großen, zweiten Platz in Ungarn aber nicht.

Es war 22.02 Uhr am Sonntagabend, Vettel längst wieder zu Hause in der Schweiz, als die Rennleitung ihr Urteil sprach: Disqualifikation, keine Punkte für den Deutschen. Und Platz zwei erbte ausgerechnet der, der Mitleid hatte: Hamilton rückte vor, sein Vorsprung auf Titelrivale Max Verstappen beträgt nun schon acht Punkte. Und das alles nur wegen eines Messfehlers? Im Aston Martin konnten bei der Prüfung nach dem Rennen nur 0,3 Liter Benzin entnommen werden, gefordert ist aber mindestens ein Liter. Der Weltverband FIA tat, was er laut Reglement tun musste – und schickte Vettel mit einem Dämpfer in die vierwöchige Sommerpause. Am 29. August wird in Spa, Belgien, fortgesetzt.

1,44 Liter Benzin im Tank?

Nur ein bisschen Hoffnung bleibt, für Aston Martin sind diese 18 Punkte für Rang zwei schließlich eine Menge. "Wir hatten noch 1,44 Liter Benzin im Tank", sagte Teamchef Otmar Szafnauer zu Motorsport-Magazin.com: "Über die Fuel Flow Meter wissen wir genau, wie viel wir verbraucht haben. Weil wir die Startmenge deklarieren müssen, können wir das so auch beweisen."

Das Team zieht nun einen Protest in Erwägung. Dass der Einspruch erfolgreich sein würde, ist unwahrscheinlich. Und so bleibt nach der leichten Enttäuschung über Rang zwei – Sensationsgewinner Esteban Ocon hatte im Alpine alle Angriffe abgewehrt – wohl Frust über das technische Malheur. Vettels Disqualifikation hatte eben auch Auswirkungen auf den WM-Kampf. "Hamilton erfüllt seine Mission und entreißt Verstappen den Thron", schrieb die Gazzetta dello Sport. Denn Weltmeister Hamilton sammelte als Zweiter im Gegensatz zum neuntplatzierten Verstappen im Red Bull kräftig Punkte. Nach dem Rennen klagte Hamilton über gesundheitliche Probleme und sprach erstmals über die Folgen seiner Corona-Erkrankung im Dezember. "Ich mühe mich seit Ende des letzten Jahres, gesund zu bleiben. Das ist immer noch ein Kampf", sagte der Engländer. "Ich habe bisher noch mit niemandem darüber gesprochen, doch ich glaube, dass die Effekte immer noch spürbar sind. Der Grad an Müdigkeit ist schon anders, es ist eine Herausforderung."

"Same Love"

Für Vettel gab es indes noch ein weiteres, kleineres Ärgernis. Das ganze Wochenende in Ungarn hatte er Zeichen für Toleranz gesetzt und verstieß damit gegen Regeln des Weltverbands. Denn Vettel trug vor dem Rennen ein Regenbogen-Shirt mit der Aufschrift "Same Love" – das durfte er, allerdings nicht während der Nationalhymne. Und so gab es auch dafür noch eine Verwarnung. Dass er ausgerechnet in Ungarn ein Statement abgegeben hat, spricht für Vettel.

Gewonnen hat also der Franzose Ocon, der fast bei McDonald’s gelandet wäre. Als Kassierer, hinter dem Tresen. "Ich war sehr nahe dran, dort zu arbeiten", erzählte er einmal dem Blick. Der 24-Jährige hat dann aber doch sein Hobby zum Beruf gemacht, am Sonntag ist Ocon beim Chaosrennen in Ungarn ganz oben angekommen. Da gratulierte selbst Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron. "Was für ein erster Sieg in der Formel 1", schrieb er auf Twitter, und Ocon bedankte sich artig via Instagram: "Merci beaucoup, president."

Ocon war völlig überwältigt, sprach von einem "riesigen Moment in meiner Karriere". Nach dem Rennen ließ er sich im klimatisierten Pressekonferenz-Raum in den Stuhl fallen und streckte beide Arme in die Höhe. Dass Ocon überhaupt in der Formel 1 fahren kann, verdankt er seinen Eltern. Diese verkauften einst ihr Haus, um dem Sohn eine Karriere zu ermöglichen. Im Wohnwagen fuhr die Familie zu den Rennen quer durch Europa. Nun wohnt sie im Hotel. (sid, red, 2.8.2021)