Geld als Impfanreiz?

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PRO: Koste es, was es wolle

Natürlich ist es grotesk, Menschen Geld dafür zu zahlen, wenn sie sich impfen lassen. Man sollte meinen, der Anreiz sei groß genug: Die Impfstoffe wirken gut, sind arm an Nebenwirkungen – und man schützt sich und andere damit vor einer womöglich tödlichen Krankheit.

Aber die Realität ist nun einmal anders: Für viele Menschen stellt das keine ausreichende Motivation dar. Vielen war es schon zu mühsam, sich einen Termin auszumachen – sie ließen sich spontan am Badestrand, im Möbelhaus oder beim Festival für den Stich anwerben. Da spielen auch vielfach prekäre Arbeitsverhältnisse und Lebenssituationen eine Rolle, in denen Menschen schlicht keine Energie für zusätzlichen Organisationsaufwand haben.

Goodie

Was auch immer die Ursachen sein mögen: Es gibt auch die Menschen, die das niederschwelligste Angebot allein nicht zur Impfung lockt, die noch ein Goodie brauchen. Werden sie geimpft, hilft uns das allen im Herbst. Denn dann gilt es, die vierte Welle abzuflachen und möglichst viele Menschenleben zu retten.

Darum geht es: die Pandemie zu besiegen. Was haben wir für dieses Ziel nicht schon alles gemacht: Schulen geschlossen, Freiheiten eingeschränkt, Kontaktverbote erlassen, Pflegeheime isoliert, Milliarden in Unternehmenshilfen gesteckt. Ein paar Impfunwilligen zur Umstimmung einen Schein in die Hand zu drücken ist bei weitem nicht so tragisch. (Sebastian Fellner)

Absurdes Signal

Ich soll meine Gesundheit, mein Leben schützen? Okay, Geld her, dann mache ich es. Ich soll das Leben, die Existenz anderer nicht gefährden? Okay, Geld her, dann halte ich mich daran. Das sagt es aus, wenn der Staat mit dem Geldschein – aus Steuertöpfen wohlgemerkt – wedelt, damit Menschen eine Corona-Schutzimpfung – gratis, weil aus Steuertöpfen finanziert – annehmen.

International liefern sich Nationen derzeit einen regelrechten Wettkampf der sogenannten Impfanreize: von der Bratwurst über Kreuzfahrten bis zu Jagdgewehren und häufig Bargeld. Das ist aus vielen Gründen absurd und macht ein Fass auf, dessen Deckel man wohl kaum wieder schließen können wird. Wo fängt das an, wo hört es auf? 100 Euro für diese Impfung. Und für die nächste und übernächste wie viel?

Monatsprämien für Alkoholverzicht

Alle, die sich aus den einzig nachhaltig guten Gründen für eine Impfung entschieden haben, nämlich um sich und andere nicht zu gefährden, müssen sich blöd vorkommen. Und könnten im Sinne des damit eingeführten "Belohnungssystems" gleich einmal täglich 50 Euro für die Morgengymnastik vom Staat verlangen (ist gut für die Gesundheit). Oder Monatsprämien für Alkoholverzicht. Der dieser Logik folgenden Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Monetäre Anreize, das weiß die Verhaltensökonomie, wirken nur kurzfristig motivierend. Wirklich überzeugen können sie sowieso nicht. (Karin Bauer, 3.8.2021)