Thomas Prantner will die Führungsjobs in der ORF-Zentrale um 40 Prozent kürzen.

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Thomas Prantner, für Online zuständiger Vizedirektor in der ORF-Technik, hat sich um die Funktion des ORF-Generals beworben. Er ist der vierte Bewerber aus dem ORF-Management, als Favorit wird der Vizedirektor in der kaufmännischen Direktion, Roland Weißmann, gehandelt.

Prantner schlägt in seinem Bewerbungskonzept vor, die Führungspositionen im ORF deutlich zu kürzen – einen Zentraldirektor weniger als bisher, bis zu 40 Prozent der Führungskräfte in der Zentrale könnten über die nächsten fünf Jahre eingespart werden. DER STANDARD fragte nach, auch nach dem Plan B, wenn Prantner am 10. August im Stiftungsrat nicht zum ORF-General bestellt wird. Prantner beantwortete die Fragen schriftlich:

STANDARD: Warum haben Sie sich um den Job des ORF-Generaldirektors beworben?

Prantner: Weil ich 1. seit 33 Jahren beim ORF bin, davon 26 Jahre Führungserfahrung in verschiedensten Funktionen habe, unter anderem fünf Jahre als Direktor für Online und neue Medien; weil ich 2. eine Erfolgsbilanz über 15 Jahre Digitalisierungsoffensive im ORF vorlegen kann und ich 3. nun im Rahmen einer Bewerbung für den ORF-Generaldirektor mit einem modernen Reformkonzept Vorschläge und Ideen für eine Neuaufstellung des ORF für die Zukunft einbringen möchte.

STANDARD: Welche Chancen rechnen Sie sich aus?

Prantner: Jede/r, der/die sich bewirbt, hat die Chance, gewählt zu werden.

STANDARD: Auf wessen Unterstützung bauen Sie?

Prantner: Auf die möglichst vieler Stiftungsrätinnen und Stiftungsräte.

STANDARD: Unter den vier Bewerbern aus dem ORF-Management – Wrabetz, Weißmann, Totzauer und Prantner – haben Sie offenbar das radikalste Konzept für die Führungsstrukturen. Wie sind Sie darauf gekommen?

Prantner: Ein Blick auf das jetzige Organigramm, auf die seit Jahrzehnten immer breiter gewachsene Führungsstruktur und auf die – vorsichtig gesagt – sehr optimierbare Aufbau- und Ablauforganisation genügt, um die Notwendigkeit einer umfassenden Strukturreform und einer Verschlankung des Unternehmens zu erkennen.

STANDARD: Warum die Reduktion auf drei Direktoren?

Prantner: Weil wir bei Strukturreformen und Sparprogrammen schon alleine wegen der Vorbildfunktion ganz oben beginnen müssen und auch jeder internationale Medien- und Wirtschaftskonzern derartige Strukturverschlankungen auf Vorstandsebene durchführen muss, um weiterhin wettbewerbsfähig bleiben zu können. Mein Drei-Direktor:innen-Modell ist inhaltlich logisch konzipiert und in die drei großen Unternehmensbereiche Programm/Content, Finanzen/Personal und Digitalisierung/Technik organisiert. Die Reduktion von vier auf drei Direktionen wird mittelfristig auch zu Kostenreduktionen führen und frisches Geld bringen, das wir dringend in die Digitalisierung, ins Programm und den Ausbau der Regionalisierung investieren müssen. Vielleicht kann ja diese Strukturreform auch eine Vorbildwirkung für ein mögliches zukünftiges neues Vorstandsmodell sein, das auf die nicht mehr zeitgemäße Alleingeschäftsführung folgen könnte.

STANDARD: Ist der Programmdirektor oder die Programmdirektorin nicht ein Mega-Ressort, das kaum zu überblicken und zu managen ist?

Prantner: Nein, denn es kommt immer auf die Kompetenz und die Managementfähigkeiten der Person an, die diese neue Programm/Content-Direktion führen wird. Auf der Ebene darunter kümmern sich die multimedialen Programmabteilungen und die Channelmanager und -managerinnen um das operative Geschäft.

STANDARD: Wie würden Sie als General diese drei Funktionen im Direktorium besetzen?

Prantner: Da wir von Gleichstellung nicht nur reden, sondern auch konkret ganz oben beginnen sollten, plane ich eine signifikante Anhebung des Frauenanteils in diesem Führungssegment. Derzeit lautet das Verhältnis im zentralen Bereich 60:40 zugunsten der Männer – Generaldirektor sowie die Direktoren für Finanzen, Technik und die Direktorinnen für Programm und Hörfunk. Ich verpflichte mich zu einem Gleichstand, das heißt, sollte ich zum Generaldirektor gewählt werden, dann werde ich zwei von drei Direktorenstellen mit Frauen besetzen und damit in Summe einen 50-prozentigen Frauenanteil erreichen. Auf der Ebene der Landesstudios sind derzeit nur zwei von neun unter weiblicher Führung. Mein Ziel ist es, dass es ab 2022 vier bis fünf Landesdirektorinnen gibt.

STANDARD: Die Reduktion von rund 90 weiteren Führungsjobs in der ORF-Zentrale um 40 Prozent über drei bis fünf Jahre wirkt auch sehr drastisch: Hat der ORF zu viele Führungskräfte (und, wenn ja, wie kommt das)?

Prantner: Das sind über Jahrzehnte gewachsene Strukturen, die nie wirklich hinterfragt wurden. Ohne Berücksichtigung der ORF-Landesstudios, die sehr effizient und schlank aufgestellt sind, haben wir alleine in Wien in den fünf Direktionen (Generaldirektion und vier zentrale Direktionen) nicht weniger als 90 Leitungsfunktionen. Nur bei ganz wenigen von ihnen werden zwei Leitungsfunktionen in Personalunion von einer Person ausgeübt (wie etwa bei einer großen Abteilung in der Generaldirektion, Hörfunkdirektion/FM4 oder bei mir). Ich bin überzeugt davon, dass es möglich ist, in einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren rund 40 Prozent dieser Leitungsfunktionen einzusparen. Im Zuge der Neuorganisation in multimedialen Programmabteilungen, durch Nichtnachbesetzung von Führungsfunktionen bei Pensionierungen und durch Zusammenlegung von Kompetenzen ist es realistisch, dieses Ziel zu erreichen.

STANDARD: Wenn Sie nicht Generaldirektor werden sollten: Welche Funktion streben Sie an im ORF? Kolportiert wird etwa Landesdirektor in Salzburg.

Prantner: Ich habe mich um die Funktion des Generaldirektors beworben, und was nach dem 10. August ist, werden wir sehen. Sicher ist, dass ich gleich danach mit meiner Familie auf Urlaub fahre.

STANDARD: Wenn Sie 2021 einen ORF quasi auf der sprichwörtlichen grünen Wiese ganz neu entwerfen und konstruieren könnten – wie würde der aussehen?

Prantner: Wenn wir den ORF in den kommenden fünf Jahren strukturell reformieren, gut organisieren, effizienter und schlanker machen und frischen personellen Wind ins Haus bringen, besteht kein Bedarf, den ORF auf der "grünen Wiese" neu zu entwerfen. Es ist unbestritten, dass der ORF in den vergangenen Jahrzehnten gut, professionell und wirtschaftlich solide geführt wurde. Aufbauend auf all dem, was vor allem von den tausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Programm, Technik, Marketing und Administration tagtäglich geleistet wurde und wird, ist es nun Zeit für Innovationen, Veränderungen und Reformen im Unternehmen. Diese sind die Voraussetzung dafür, dass der ORF auch in Zukunft als modernes öffentlich-rechtliches Medienunternehmen Relevanz und Bedeutung für Österreich und seine Menschen haben kann.

STANDARD: Welche Angebote hätte ein solcher idealer ORF, welche vielleicht nicht?

Prantner: Wenn in Österreich darüber Konsens besteht, dass wir einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch in Zukunft brauchen, was ich sehr hoffe, ist das ORF-Gesetz das formale Maß aller Dinge. Ich halte eine Modernisierung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags und eine Erweiterung von den derzeit linearen Programmen TV und Radio in Richtung eines multimedialen Auftrags für alle Verbreitungswege für notwendig. Auch bezüglich der Ermöglichung neuer digitaler Produkte (ORF-Player) und Funktionalitäten, einer gemeinsamen Online-Vermarktung mit privaten Medienhäusern und Zeitungen sowie eines TV-Sport-Vollprogramms wären gesetzliche Änderungen wünschenswert. Das derzeitige Angebotsportfolio TV, Radio, Online und Teletext würde ich uneingeschränkt beibehalten.

Organigramm-Bewerbungskonzept-Prantner.pdf

Größe: 4,46 MB

Thomas Prantners Vorschlag für eine neue Führungsstruktur des ORF (Organigramm zum Download).
Thomas Prantner

STANDARD: Wie würde dieser ideale ORF geführt, strukturell, gern auch personell?

Prantner: Mein Reformkonzept beinhaltet einen klaren Plan für eine neue Struktur und Organisation des Unternehmens.

STANDARD: Wie würde dieser ORF beaufsichtigt?

Prantner: Das ist die Entscheidung des Gesetzgebers.

STANDARD: Wie würde er finanziert?

Prantner: Ich bin für die Beibehaltung der "Mischfinanzierung" durch Programmentgelte – "Gebühren" – und Werbung. (Harald Fidler, 3.8.2021)