Das Wettrennen um die ersten von Privatunternehmen durchgeführten Astronautenflüge hat Boeing schon verloren: Ende Mai 2020 brachte die Firma SpaceX mit dem Raumschiff Crew Dragon erstmals Raumfahrer zur Internationalen Raumstation (ISS). Boeings neu entwickeltes Raumschiff Starliner hätte ebenfalls 2020 den Betrieb aufnehmen sollen, Ende 2019 war jedoch ein unbemannter Testflug gescheitert. Am heutigen Dienstagabend hätte der Versuch wiederholt werden sollen, doch wenige Stunden vor dem Start kam die Absage:

Während der Vorbereitung auf den Start seien Hinweise auf mögliche Probleme mit Ventilen des Antriebssystems bemerkt worden, schrieb Boeing Space auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. "Wir sind enttäuscht von dem heutigen Ergebnis und der Notwendigkeit, den Start zu verschieben", sagte John Vollmer, Manager des Programms, in einer ersten Stellungnahme. "Die astronautische Raumfahrt ist ein komplexes Unterfangen und die Teams von Boeing und Nasa werden sich alle Zeit nehmen, die sie brauchen, um die Sicherheit des Raumfahrzeugs und das Erreichen unserer Missionsziele zu gewährleisten."

Der Starliner hätte mit einer Rakete vom Typ Atlas V vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida abheben und rund 24 Stunden später bei der ISS ankommen sollen. Wann es der nächste Versuch stattfinden soll, ist unklar.

Warten auf den den Start: Der Starliner auf einer Atlas-V-Rakete auf dem Weltraumbahnhof Cape Canaveral.
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Falscher Orbit

Mit einem erfolgreichen Testflug will Boeing sein Raumfahrtprogramm nach mehreren Rückschlägen wieder auf Kurs bringen. Der erste unbemannte Testflug des Starliners war im Dezember 2019 spektakulär gescheitert: Wegen eines Softwarefehlers hatte es der Starliner nicht zur Raumstation geschafft. Untersuchungen von Boeing und Nasa hatten anschließend ergeben, dass Boeing rund 80 Korrekturen an dem Raumschiff vornehmen musste.

Der erneute Testflug des Starliners musste seither immer wieder verschoben werden, teils aber völlig unverschuldet: Erst letzten Freitag wurde ein Starttermin abgesagt, da es tags zuvor beim Andocken des neuen russischen Labor-Moduls Nauka an die ISS zu einem Zwischenfall gekommen war.

Für Boeing geht es um viel. Der erste Versuch, zur ISS zu gelangen, scheiterte.
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Kommerzielle Raumfahrt

An Bord des Raumschiffs befinden sich 180 Kilogramm Fracht, unter anderem zur Versorgung der aktuellen ISS-Besatzung. Zur Erde zurückkehren soll die Kapsel dann mit rund 250 Kilogramm Frachtgut, darunter Luftbehälter. Wann erstmals auch Menschen an Bord des kegelförmigen Mannschaftsmoduls ins All fliegen sollen, ist noch ungewiss.

Um nach dem Ende des Spaceshuttle-Programms 2011 einen kommerziellen Markt für Raumflüge zu etablieren und damit wieder unabhängig von den russischen Sojus-Transporten zu werden, haben die USA in den vergangenen Jahren Milliarden in die private Raumfahrt investiert. Space X erhielt für den Bau des Crew Dragon rund drei Milliarden Euro, Boeing für seinen Starliner sogar 4,5 Milliarden. Der Crew Dragon ist nach seinem ersten astronautischen Testflug vergangen Mai schon regulär im Einsatz. (dare, APA, 3.8.2021)