Österreich und Deutschland planten eine Abschiebung nach Kabul.

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Das österreichische Innenministerium wollte also gemeinsam mit Deutschland im letzten Moment, bevor aufgrund der katastrophalen Sicherheitslage in Afghanistan alle rechtlichen Türen zugehen, noch eine Abschiebung in das Bürgerkriegsland durchführen. Das Motiv ist klar: Man will Härte zeigen gegenüber jenen Menschen, die, aus Angst um ihr Leben, bald vor den Taliban flüchten könnten oder es bereits tun. An sie will man die Botschaft senden: Kommt nicht nach Österreich – ihr werdet abgewiesen!

"Reines Individualrecht"

Abwenden konnte die geplante Abschiebung vorerst nur der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Diese Tatsache allein, dass Österreich per Gerichtsentscheid an die Menschenrechtskonvention erinnert werden muss, zeigt, welches Verhältnis die Regierung zu ihr hat – zumindest wenn es um Asylwerber geht.

Ähnlich verhält es sich mit der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK). Diese sehe "ein reines Individualrecht", wenn jemand verfolgt wird, vor, nicht "dass sich ganze Länder auf den Weg machen", sagte Kanzler Sebastian Kurz kürzlich zur "Bild"-Zeitung. Möglicherweise muss er daran erinnert werden, dass die GFK basierend auf den Lehren der Shoah entworfen wurde, nachdem tausenden deutschen Juden an der Grenze zur Schweiz der Schutz verwehrt worden war. Was ist also mit den westlichen Werten, die Kurz sonst bei jeder Gelegenheit verteidigt? Härte hat offenbar einen höheren Stellenwert. (Johannes Pucher, 3.8.2021)