Die Lokführerin Edith Salzmann (Luisa-Céline Gaffron) und der DEFA-Filmreporter Kurt Blochwitz (Vincent Redetzki, re.) bei der Grenzkontrolle.

Foto: ORF/Studio Hamburg/ARD/REAL FILM/AMALIA Film/Bernd Schuller

Wien – Mit dem Bau der Berliner Mauer wurden Millionen Deutsche voneinander getrennt. Das Leben änderte sich schlagartig. Der neue Fernsehfilm "3 1/2 Stunden", der am Samstag ab 20.15 Uhr in ORF 2 läuft, schaut aus einer ungewöhnlichen Perspektive auf die Zeit vor 60 Jahren. Der Film ist Teil des ORF-Programmschwerpunkts "60 Jahre Mauerbau", zu dem auch eine "Universum History"-Doku am 6. August (22.35 Uhr) und zwei "zeit.geschichte"-Abende in ORF III am 14. und 21. August gehören.

Die "3 1/2 Stunden" spielen am 13. August 1961. Ein Musikerpaar aus der DDR, das eben noch knutschend im Bett lag, erreicht in München den "Interzonenzug 151" in letzter Minute. Auch eine Familie will nach einem Besuch im Westen zurück in Richtung Berliner Ostbahnhof. Zwei Ermittler steigen ebenfalls in den Waggon ein – sie treffen unter anderem auf eine Turntrainerin und andere interessante Figuren.

Weiterfahren oder aussteigen?

Es ist eine Zeit, zu der man noch rauchend am Zugfenster steht. Und sich zu Fremden ins Abteil quetscht. Während der Fahrt verbreitet sich plötzlich ein Gerücht. In Berlin, heißt es, werde eine Mauer gebaut. Ein tragbares Radio, das zwar kaputt ist, aber gerade zur Hand, wird repariert und eingeschaltet. Beim Hören der Nachrichten schauen sich die Menschen mit fragenden Gesichtern an.

Die Nachricht stellt viele im Zug vor eine schwere Entscheidung. Fahren sie weiter in den Osten? Oder steigen sie noch vor der innerdeutschen Grenze aus, um im Westen ein neues Leben zu beginnen? Den Passagieren bleibt nicht viel Zeit, um sich zu entscheiden. Auf diese Zeitspanne bis zur Grenze zielt nach Angaben des Filmteams auch der Titel "3 1/2 Stunden" ab.

Entscheiden muss sich auch eine junge Lokführerin, die den Zug später nach Berlin bringen soll. Begleitet wird die Frau von einem Reporter, der einen Dokumentarfilm über sie drehen soll. Parteiauftrag, wie er sagt. Die junge Frau arbeitet Doppelschicht, weil wieder zwei Kollegen "rüber" sind. "Bald haben wir die drei Millionen voll", sagt ihre Kollegin zu Beginn des Films.

Wo will man leben?

Der Film von Regisseur Ed Herzog ("Leberkäsjunkie") erzählt eine interessante Geschichte, die ein Dilemma nachvollziehbar macht: Wo will man leben? Und ist man bereit, dafür Menschen in seiner Heimat zurückzulassen? Was ist einem wichtig? Sind es die Karrierechancen oder ist es doch die Familie? Für welche Ungewissheit – denn unsicher sind alle Wege – entscheidet man sich?

"3 1/2 Stunden" beruht zum Teil auf einer wahren Geschichte. In Wirklichkeit sei der Zug von Bremen über Ostberlin nach Dresden gefahren. In dem Zug hätten die Großeltern des Autors Robert Krause gesessen, heißt es in den Unterlagen. Zu sehen sind Jördis Triebel als Sporttrainerin und Uwe Kockisch ("Commissario Brunetti") in einer Nebenrolle. (APA, 4.8.2021)