Für FM4 überlegen die ORF-KandidatInnen eine neue Strategie.

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Wien – Die Bewerbungskonzepte der aussichtsreichsten Kandidatinnen und Kandidaten für den ORF-Generaldirektorenposten weisen Vorhaben zur (Neu-)Positionierung der einzelnen Radiosender auf. Dabei zeigt sich, dass FM4 strategisch neu ausgerichtet werden soll, Ö3 und die Regionalradios besser aufeinander abgestimmt werden und die Radio-Flotte, die in der Gesamtzielgruppe einen Marktanteil von 74 Prozent am österreichischen Radiomarkt aufweist, den Weg ins Digitale finden muss.

FM4 wird wohl nicht beim Alten bleiben. Das geht aus den vorliegenden Konzepten des amtierenden Generaldirektors Alexander Wrabetz, des ORF-Vizefinanzdirektors Roland Weißmann und der ORF 1-Channelmanagerin Lisa Totzauer hervor. Der Radiosender werde seinem Anspruch als Jugendradio nicht gerecht, das Durchschnittsalter der Hörerschaft liege zu nahe bei Ö3, schreibt Totzauer, die keine eigene Radiodirektion mehr vorsieht.

"FM4 neu denken"

Weißmann sieht wiederum zu ähnliche Zielgruppen von FM4 und Ö1 gegeben. "In seiner Ausrichtung als Jugendradio verfehlt FM4 sein Mission Statement und ist in der erreichten Zielgruppe zu spitz positioniert", meint der ORF-Vizefinanzdirektor. Es gelte, FM4 nach 25 Jahren neu zu denken und mit der Entwicklung des ORF-Players und einer neuen Social-Media-Strategie zu synchronisieren, so Weißmann. Wrabetz sieht das ähnlich. FM4 habe eine neue Strategie nötig, die noch stärker auf eine Verbindung des Radiosenders mit neuen digitalen Angeboten abzielen solle.

Ö3 und Regionalradios bedürfen besserer Abstimmung

Hinsichtlich Ö3 sind die Bewerber und Bewerberinnen zufriedener. Der reichweitenstärkste Radiosender des Landes orientiere sich professionell an den Bedürfnissen des Publikums und erfülle gerade durch diese Haltung den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag vorbildlich, meint Totzauer. Wrabetz, der die "starke Position" der Radioflotte absichern und in ihrem vollen Umfang erhalten möchte, sieht eine bessere Abstimmung von Ö3 mit den ORF-Regionalradios gefordert, da diese sich stellenweise in Konkurrenz befänden. Praktisch ident bewertet Weißmann, der wie Wrabetz eine Radio- bzw. Audiodirektion vorsieht, die Lage von Ö3: Eine präzisere Positionierung und Abstimmung mit den Regionalradios sei angebracht.

Die ORF-Regionalradios will Weißmann ausbauen, da sie "für ihre Zielgruppen aufgrund ihrer regionalen Verbundenheit essenzielle Bezugspunkte" seien. Zudem hat er vor, neue Distributionswege für sie zu gestalten. Wrabetz plant die "regionale Ansprache" der Sender weiter zu optimieren und sie verstärkt auf digitalen Ausspielwegen zur zeitunabhängigen Nutzung zur Verfügung stellen. Totzauer sieht sie als "wichtiger Identitätsträger für die österreichische Bevölkerung" und als mögliche Programmalternative für junges Publikum.

Distributionswege für Ö1

"Ö1 hat in manchen seiner Sendungen von seiner Ansprache und Aufmachung her einen Modernisierungsschub nötig, um mit jüngeren Zielgruppen auf Augenhöhe zu sein und auch diese verstärkt an den Sender zu binden", schreibt die ORF 1-Channelmanagerin. Zudem müsse der Radiosender seine "Schatzkiste" öffnen und Inhalte auch für das On-Demand-Angebot neu aufbereiten. Wrabetz bezeichnet Ö1 in seinem Konzept als erfolgreichsten Kultursender Europas, der auch auf zeitunabhängig genutzten, digitalen Ausspielwegen eine starke Marke sei. Damit bringe der Sender gute Voraussetzungen mit, seinen digitalen Fußabdruck weiter zu vergrößern. Weißmann ist nicht ganz so überzeugt: Für Ö1 müsse in Zukunft "das non-lineare Angebot und die passende Distribution entwickelt werden".