Wikimenia-Kampagne "ORF wie Wiki".

Foto: Wikimenia, Johanna Lohr

Wien – Kurz vor der ORF-Wahl kommenden Dienstag präsentierte der Verein Wikimedia Österreich, die Organisation setzt sich für freies Wissen und Menschen hinter Wikipedia ein, seine Ideen zu freien Lizenzen für ORF-Inhalte. Offene oder freie Lizenzen sind standardisierte Lizenzverträge, die Inhalte frei zugänglich und nutzbar machen und dafür sorgen, dass diese von allen frei modifiziert und geteilt werden können. Grundgedanke hinter der Initiative: Was mit öffentlichen Geldern produziert wird, sollen auch alle – unabhängig von Fristen oder Plattformen – konsumieren und verwenden können.

Für den ORF würden freie Lizenzen mehr digitale Reichweite bedeuten und somit auch die Beliebtheit steigern, so Wikimedia. Was haben Nutzer und Nutzerinnen von freien Lizenzen für ORF-Inhalte? Alle Menschen könnten damit ORF-Inhalte frei und ohne zeitliche Einschränkung nutzen dürfen. So könnte etwa eine Wikipedia-Autorin Ausschnitte aus Radiointerviews in Artikel einbetten. Oder ein Journalist ORF-Content als Quelle im Kampf gegen Fake-News verwenden. Eine Lehrerin könnte TV-Beiträge herunterladen und diese länger als sieben Tage in den Unterricht einbauen, zählt Wikimedia auf.

"Um sich gegen bereits bestehende Streaming-Giganten dauerhaft durchsetzen zu können, braucht der ORF Verbündete für seine Digitalstrategie", sagt Wikimedia-Österreich- Geschäftsführerin Claudia Garád, "wir sind gerne bereit, unsere Erfahrung aus 20 Jahren erfolgreicher Wissensvermittlung im Internet einzubringen, und freuen uns über die Chancen, die sich daraus für freies Wissen in Österreich und Europa ergeben". Eine freie Verfügbarkeit würde letztlich der Gesellschaft nützen und "auch jüngere Zielgruppen für Bildungsinhalte begeistern".

Bonus für Kreative

Leonhard Dobusch, er ist Universitätsprofessor für Organisation an der Universität Innsbruck, Experte für Netzpolitik und Mitglied des ZDF-Fernsehrats, erklärt, wie die Finanzierung funktionieren kann. "Redaktionen, die auf freie, Wikipedia-kompatible Lizenzen setzen, sollten dafür einen Bonus bekommen. Im Gegenzug würden Wiederholungshonorare oder Zweitverwertungen wegfallen." Verträge mit Kreativen sollten so gestaltet werden, dass Interviews, Aufnahmen, Bilder und Grafiken direkt zur einfachen Nachnutzung freigegeben werden können.

Erste Pilotprojekte dazu gibt es in Deutschland. Dort würden etwa frei lizenzierte Videos der ZDF-Dokureihe "Terra X" in der Wikipedia eingebunden. "Insgesamt werden die rund 150 kurzen 'Terra X'-Clips allein in der Wikipedia über eine Million Mal pro Monat abgerufen", so Dobusch. Die offene Lizenz erlaube auch, dass etwa Untertitel in anderen Sprachen ergänzt werden können. Diese freien Lizenzen würden freilich nicht für alle Inhalte infrage kommen, es geht vor allem um Beiträge aus dem Info-, Doku- und Magazinbereich oder O-Töne im Radiobereich. (red, 4.8.2021)