In Südamerika und auch auf den Philippinen haben viele Menschen das Medikament Ivermectin präventiv eingenommen. Einen Nachweis für eine Wirksamkeit gibt es allerdings nicht.

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Geht es um die Behandlung von Covid-19, wird regelmäßig einzelnen Medikamenten heilende Wirkung zugesprochen. Besonders bekanntes Beispiel dafür ist etwa das Malaria-Medikament Hydroxychloroquin, das Donald Trump massiv beworben hat. Es hat sich, wie viele andere auch, als nicht geeignet herausgestellt.

Ein weiteres Mittel, das immer wieder als mögliches Medikament gegen Covid-19 diskutiert wird, ist das Antiparasitenmittel Ivermectin – denn einige Laborstudien ergaben, dass es die Replikation von Sars-CoV-2 blockieren könne. Die Studienlage dazu war aber uneinheitlich, das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) warnte daher schon im März 2021 vor einer Anwendung. Das hat eine aktuelle Cochrane-Review nun bestätigt.

Was ist Ivermectin? Das Medikament wird seit Jahrzehnten erfolgreich gegen Parasiten wie Würmer, Milben und Läuse bei Menschen und Tieren eingesetzt. Auslöser für den Hype um das Medikament in Verbindung mit Covid-19 war unter anderem eine Laborstudie vom April 2020. Sie zeigte, dass Ivermectin in Zellkulturen die Vermehrung des für Covid-19 verantwortlichen Virus Sars-CoV-2 hemmen kann.

Die dabei verwendete Dosis lag jedoch weit über jener, die für Menschen als unbedenklich gilt. Trotzdem führten diese Erkenntnisse, zusammen mit positiven Ergebnissen weiterer kleiner Studien, dazu, dass diverse Lobbygruppen den Einsatz von Ivermectin als Medikament gegen Covid-19 anpriesen. Vor allem in Südamerika und auch auf den Philippinen starteten viele Menschen präventiv mit der Einnahme.

Ernüchternde Ergebnisse

Die Cochrane Collaboration, ein globales, unabhängiges Netzwerk aus Wissenschaftern, Ärzten, Angehörigen der Gesundheitsfachberufe und Patienten, unterzog nun 14 Studienergebnisse (Stand der Literatursuche: 26. Mai 2021) mit insgesamt 1.678 Teilnehmenden einer kritischen Bewertung. Untersucht wurde unter anderem der Einfluss einer Ivermectin-Behandlung auf die Sterblichkeit und Schwere der Erkrankung, die Länge des Krankenhausaufenthaltes und eine eventuelle vorbeugende Wirkung.

Die Ergebnisse sind ernüchternd: Das Medikament scheint weder das Sterberisiko zu verringern noch den Zustand von Covid-19-Patientinnen und -Patienten zu verbessern. Die Studien verglichen Ivermectin mit einem Placebo oder einer Standardbehandlung. Ob das Medikament eine vorbeugende Wirkung haben könnte, wurde in den Studien nicht beantwortet. Darüber hinaus wurde die Verlässlichkeit der bewerteten Studien von den Review-Autorinnen und -Autoren als niedrig bis sehr niedrig bewertet.

Größere Untersuchungen zu Ivermectin sind noch am Laufen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) raten aber vom Einsatz des Medikaments zur Behandlung von Covid-19 ab.

Auch die österreichische Faktencheckplattform "Medizin transparent" ist schon zu diesem Ergebnis gekommen: "Die Hoffnungen, die im Zusammenhang mit Covid-19 auf das Medikament Ivermectin gesetzt wurden, sind nicht gerechtfertigt. Die Ergebnisse des aktuellen Cochrane-Review bestätigen diese Einschätzung", betont Bernd Kerschner, Projektleiter der Rechercheplattform, die kontinuierlich Mythen und Fakten rund um das Coronavirus auf ihren Wahrheitsgehalt prüft. Der Sitz der Plattform ist an der Universität für Weiterbildung Krems, sie ist Teil von Cochrane Österreich. Ziel von Cochrane ist, die Studienlage zu gesundheitsrelevanten Fragen objektiv und unabhängig zusammenzufassen und zu analysieren, um damit Grundlagen für fundierte Gesundheitsentscheidungen bereitzustellen. (Pia Kruckenhauser, 4.8.2021)