Nicht Weißmann sei sein Mitbewerber, sondern Gerald Fleischmann, der Medienbeauftragte von Sebastian Kurz im Kanzleramt, sagt ORF-Chef Alexander Wrabetz.

Foto: Regine Hendrich

Alexander Wrabetz, Roland Weißmann, Lisa Totzauer und Thomas Prantner werden in den sechs Tagen bis zur Bestellung des nächsten ORF-Chefs mehr Zeit miteinander verbringen als in den vergangenen Monaten. Oder eher: gegeneinander.

Die Konkurrenten treffen einander zu insgesamt fünf Hearings, teils öffentlich vor Fernsehpublikum, auf Puls 24 moderiert von dessen Manager Markus Breitenecker, teils intern vor der ORF-Belegschaft – und entscheidend vor den Stiftungsräten des ORF am Dienstag, vor der Bestellung des nächsten ORF-Generals ab 2022.

Wrabetz voller Kampfeslust

Selbst das Hearing vor dem entscheidenden ORF-Organ könnte nicht mehr viel Entscheidendes beitragen, jedenfalls nach der Papierform: 18 Stimmen von 35 reichen für die Bestellung. 18 oder ein, zwei mehr werden dem bürgerlichen Lager zugerechnet und damit, mehr oder weniger, dem als Favorit gehandelten Roland Weißmann, Vizefinanzdirektor des ORF. Am Montag vor der Bestellung soll der ÖVP-Freundeskreis noch einmal zusammenkommen.

Nun könnte ORF-1-Managerin Lisa Totzauer das bürgerliche Lager spalten, wird spekuliert, begleitet etwa von Appellen des eher bürgerlichen Journalistinnenkongresses und des Frauennetzwerks_Medien. Oder auch, mit General Wrabetz, alle übrigen Stimmen und Freundeskreise einsammeln, womit Weißmann alleine mit ÖVP-naher Unterstützung bestellt würde. Faktisch möglich, optisch schwierig, weil als Signal für "Orbánisierung" und Parteibesetzung nutzbar. Totzauer könnte ihre Bewerbung aber auch zurückziehen, für einen Job im Direktorium. Menschen, die sie sehr gut kennen, schließen das aus. So weit ein Auszug aus den brummenden Spekulationen.

"Vor einer Übernahme durch Roland Weißmann hat niemand Angst"

Die vielen, auch öffentlichen Hearings könnten das Match bis 10. August aber noch wesentlich beeinflussen. Und der amtierende ORF-Chef Alexander Wrabetz lief sich schon am Mittwoch überaus kampfeslustig auf Oe24.TV warm: Nicht Weißmann sei sein Mitbewerber, sondern Gerald Fleischmann, der Medienbeauftragte von Sebastian Kurz im Kanzleramt.

Niki Fellner fragt Wrabetz nach der Öbag-Symbolfigur türkisen Postenschachers, ob Weißmann "der Thomas Schmid des ORF" ist. Wrabetz: Schmid habe wenigstens die Ausschreibungskriterien erfüllt – die ORF-Generalsausschreibung verlangte "umfassende Kenntnisse über Unternehmensführung". Wrabetz ordnet Weißmann als "Abteilungsleiter" ein.

Aber "vor einer Übernahme durch Roland Weißmann hat niemand Angst", sagt Wrabetz: "Er ist ein lieber, netter Kollege, der sich immer bemüht, ausgleichend zu sein." Die "Sorge" gelte weiteren Führungspositionen und der Gesamtentwicklung, sagt Wrabetz: "Was kommt danach, wie wirkt sich das auf die nächsten Ebenen aus, und wie wirkt sich das wirtschaftlich aus."

Auf die Frage nach Fehlern fällt Wrabetz "unter vielen kleinen" ein, dass er den – mit der Kanzlerpartei ÖVP vernetzten – Roland Weißmann 2020 zum Player-Projektmanager gemacht hat "in der Hoffnung, dann kriegen wir das Gesetz, das wir brauchen, und es geht etwas weiter". Das sei aber nicht eingetreten. Nachsatz: "Mir wäre aber auch nichts anderes eingefallen."

Vier auf dem Stimmzettel

Donnerstag eröffnet das interne Hearing vor der Belegschaft den Redewettbewerb um die ORF-Spitze. Mit Fragen insbesondere zur Unabhängigkeit ist zu rechnen, auch wenn Armin Wolf sowie der oberste Redakteursvertreter Dieter Bornemann im Urlaub sind. Das Hearing beginnt mit ORF-Redakteur Julius Kratky, es geht weiter mit Technikvizedirektor Prantner, Totzauer, Weißmann und Wrabetz. Bis sie an der Reihe sind, können sie über heiklere Fragen lange nachdenken.

Zum Hearing vor dem Stiftungsrat laden harmonisch gemeinsam Barbara Nepp (FPÖ), Lothar Lockl (Grüne), Heinz Lederer (SPÖ), Anita Zielina (Neos) und Thomas Zach (ÖVP) Prantner, Totzauer, Weißmann und Wrabetz, sie stehen damit auch auf dem Stimmzettel für die Stiftungsräte. (Harald Fidler, 4.8.2021)

  • Update: Der Kärntner Stiftungsrat Siggi Neuschitzer hat nach STANDARD-Infos auch Harald Thoma zum Hearing am Dienstag nominiert. Damit steht Thoma auch auf dem Stimmzettel.
  • Weitere Wrabetz-Aussagen auf oe24.