Lenzing machte zuletzt 73 Prozent des Umsatzes mit Spezialfasern, mit denen sich bessere Preise erzielen lassen als mit Standardviskose.

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Es war eine gute Idee, aber eine denkbar schlechte Ausführung. Lenzing, eines der weltweit führenden Unternehmen bei der Produktion textiler Fasern aus Zellulose, glaubte im Frühjahr 2020, einen Beitrag zur Herstellung dringend benötigter FFP2-Masken leisten zu können, und tat sich mit Palmers zusammen.

Das gemeinsame Unternehmen Hygiene Austria kam aber bald schon ins Gerede; einerseits wegen Masken, die in China zugekauft und als made in Austria weiterverkauft wurden, andererseits wegen des Vorwurfs der Schwarzarbeit. Lenzing hat versichert, von diesen Praktiken nichts gewusst zu haben, und hat, um einen Schlussstrich zu ziehen, seinen 51-Prozent-Anteil an der Hygiene Austria bereits Anfang April an Palmers übertragen. Geld dafür ist noch keines geflossen.

Untersuchungen laufen noch

Lenzing selbst hat in der Causa Hygiene Austria rund sechs Millionen Euro abgeschrieben. Dies beinhalte die Beteiligung am Gemeinschaftsunternehmen plus eines Darlehens, wurde am Mittwoch bei der Präsentation der Halbjahreszahlen ausgeführt. Die interne forensische Untersuchung sei noch nicht abgeschlossen, auch das behördliche Verfahren sei noch im Laufen. Mehr könne man deshalb momentan dazu nicht sagen.

Besser läuft es im Kerngeschäft der Lenzing, auf das sich der oberösterreichische Faserproduzent nun ganz konzentrieren will. In den ersten sechs Monaten 2021 hat Lenzing den Umsatz aufgrund höherer Preise bei Spezialfasern um gut ein Viertel auf 1,03 Milliarden Euro verbessert. Mit 217,8 Millionen Euro wurde das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) gegenüber dem Vorjahr sogar mehr als verdoppelt. Es lag aber auch deutlich höher als im ersten Halbjahr 2019 – vor Corona.

Projekte in Brasilien und Thailand in Plan

Trotz anhaltender Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hat Lenzing die Jahresprognose erhöht und geht nunmehr von einem Ebitda für 2021 von mindestens 360 Millionen Euro aus. Der Bau des Zellstoffwerks in Brasilien sei, was Zeit und Kosten betreffe, im Plan, sagte Lenzing-Chef Stefan Doboczky. Im ersten Halbjahr 2022 soll das gemeinsam mit einem lokalen Partner betriebene Werk die Produktion aufnehmen und Ende 2022 bereits die Vollauslastung mit 500.000 Tonnen erreichen.

Etwas früher, nämlich schon Ende des aktuellen Jahres, soll Produktionsstart für die Lyocell-Erweiterung in Thailand sein. 400 Millionen Euro wurden dort investiert, der Vollbetrieb ist für das zweite Halbjahr 2022 geplant. Dann sollen zusätzlich 100.000 Tonnen Lyocellfasern auf den Markt kommen.

Engpässe in der Logistik seien zwar spürbar, hielten sich für Lenzing aber bisher in Grenzen, sagte Doboczky. Mit der Steigerung der Eigenerzeugung von Zellstoff auf über 75 Prozent bis 2024 könne man sich ein Stück weit unabhängig machen von externen Gegebenheiten.

(Günther Strobl, 4.8.2021)