Der Stoff, aus dem Athletenträume sind. Im Innsbrucker Archiv lagern mehrere echte Sportler-Olympia-Medaillen. Hier die Goldene für Torlauf aus dem Jahr 1964.

Foto: Steffen Arora

Die Goldmedaille aus dem Jahr 1976 ist "blanko", ohne eine Sportart. Wahrscheinlich diente sie als Ersatz und wäre im Einsatzfall vor Ort nachgeprägt worden.

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Auch eine Bronze-Medaille für Slalom aus dem Jahr 1964 lagert in Innsbruck.

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Eine "echte" Goldmedaille – hier jene aus dem Jahr 1976 – ist eigentlich aus Silber und enthält nur rund drei Gramm echtes Gold.

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Innsbruck – Sportlerinnen und Sportler arbeiten ein Leben lang hart dafür, um irgendwann eine davon um den Hals zu tragen. Für Lukas Morscher, Leiter des Innsbrucker Stadtarchivs, bedarf es nur weniger Schritte hinüber in den Tresorraum und er kann sich gleich mehrere davon umhängen. Die Rede ist von olympischen Medaillen. Diese Objekte athletischer Wunschträume sind rar und werden in streng limitierter Auflage geprägt. Doch bei den Olympischen Winterspielen 1964 sowie 1976 blieben je drei Stück – Gold, Silber und Bronze – in Innsbruck.

Sie lagern heute im Stadtarchiv, die beiden Silbermedaillen im Moment noch in Seefeld, mit Restbeständen des ehemaligen Olympiamuseums. Zu den Hintergründen kann Morscher nur spekulieren. Gesicherte Informationen sind rar, und auch beim ÖOC kann man aktuell keine Auskunft dazu geben. Vielleicht sind es "Reservemedaillen" gewesen, für den Fall, dass es in einer Disziplin Ex-aequo-Platzierungen gibt, mutmaßt Morscher. Oder es waren sogenannte Veranstaltermedaillen, die man als Geschenke zurückließ.

Slalom-Trophäen aus dem Jahr 1964

Für letztere Theorie spricht, dass im Endbericht der Spiele 1964 festgehalten wurde, dass je neun "Rohlinge ohne Eintragung der Sportart" in Gold, Silber und Bronze angefertigt worden sind, die bei Bedarf in Innsbruck nachgraviert worden wären. Nicht zur Ausgabe gelangte Medaillen aus diesem Kontingent sollten nach den Spielen an IOC, ÖOC, Land Tirol, Tiroler Landesmuseen oder Stadt Innsbruck abgegeben werden.

Doch die im Stadtarchiv lagernden Medaillen aus dem Jahr 1964 haben eine Sportart-Bezeichnung. Sie wurden für die Disziplin Torlauf vorbereitet. Bei den Herren ging Gold damals an den Österreicher Josef "Pepi" Stiegler, bei den Damen an die Französin Christine Goitschel. Ob die beiden wissen, dass von ihren Goldenen je eine zweite Version in Innsbruck existiert, ist nicht bekannt.

Die Auszeichnungen aus dem Jahr 1976 sind tatsächlich Blanko-Medaillen, ohne Nennung einer Sportart. Das deutet darauf hin, dass diese wohl als Reserve gedacht waren.

Begehrte Sammlerstücke

Für Archivleiter Morscher sind die Olympia-Memorabilien eine liebgewonnene Besonderheit, die er gern für Schulführungen auspackt. In einschlägigen Sammlerkreisen ist durchaus bekannt, dass Innsbrucks Stadtarchiv diese sechs Schätze besitzt. "Wir haben schon mehrfach Kaufangebote erhalten", erzählt er. Teils seien hohe sechsstellige Summen pro Medaille geboten worden. Ein Verkauf komme aber nicht infrage.

Morscher bedauert, dass die olympische Geschichte noch immer großteils brachliegt. Das Interesse junger Historiker und Historikerinnen, sich damit zu befassen, halte sich in Grenzen. Dabei gibt das Thema viel her. Die Spiele haben Innsbruck nachhaltig geprägt. Und 1976 gab es laut einem Medienbericht einen versuchten Terroranschlag in der Axamer Lizum. Erst Polizeischüsse konnten den "geistig verwirrten" Angreifer in seinem Auto stoppen.

Olympisches Stockschießen als Demo-Bewerb 1964

Eine andere, in Vergessenheit geratene Olympia-Anekdote aus Innsbruck betrifft eine sehr österreichische Sportart. 1964 war Eisstockschießen in Innsbruck als Demo-Bewerb mit dabei. In der Hoffnung, in den Reigen der olympischen Disziplinen aufgenommen zu werden, gaben – davon zeugen eindrucksvolle Bilder im Stadtarchiv – gaben die lokalen Eisschützen ihr bestes. Auf alten Fotos ist zu sehen, wie sie hinter dem Eisstadion am Tivoli ihren Sport präsentierten. Trügen die Abgebildeten nicht Startnummern mit Coca Cola-Logo über den Anoraks, würde man die Szenerie eher nebst einem x-beliebigen Dorfgasthaus wähnen. Das IOC scheinen die Herren nicht überzeugt zu haben.

Doch offenbar geben die Stockschützen nicht auf. Im Februar 2021 verkündete der Präsident der "International Federation Icestocksport", der Bayer Christian Lindner, dass man im Laufe der Sommerspiele von Tokio 2021 eine Entscheidung des IOC erhoffe, ob 2026 bei den Winterspielen in Cortina d’Ampezzo erstmals ein Olympiasieger im Eisstockschießen gekürt wird. (Steffen Arora, 5.8.2021)