Dicke Rauchwolken über dem Süden der Türkei.

Foto: EPA / Erdem Sahin

Istanbul/Athen/Rom – In Italien, Griechenland und der Türkei verwandeln verheerende Brände Urlaubsregionen in verkohlte Landschaften. Der Großbrand nahe Olympia ist in der Nacht auf Donnerstag eingedämmt worden – kurz bevor die Flammen die antike Stätte in Griechenland erreichen konnten. "Die Stätte ist vorerst gerettet", sagte der Gouverneur der Region Westgriechenland, Nektarios Farmakis, in der Früh im Staatsfernsehen. Er warnte jedoch: "Die Gefahr ist nicht vorbei."

Zu hoffen sei, dass der Brand mithilfe von Hubschraubern und Löschflugzeugen in den nächsten Stunden unter Kontrolle gebracht werde. In ganz Griechenland herrscht seit Monaten Dürre, zudem erreichen die Temperaturen seit zehn Tagen teils Werte von 40 bis 47 Grad. So kann schon ein Funken reichen, um zerstörerische Großbrände auszulösen. "Uns stehen noch schwierige Tage bevor", sagte der Chef des Zivilschutzes, Nikos Chardalias, am Mittwochabend nach einer Krisensitzung mit der Feuerwehrführung.

Olympia gerettet

Die ganze Nacht kämpften Feuerwehrkräfte und freiwillige Helfer rund um Olympia gegen die Flammen. "Wir tun alles Menschenmögliche, um Olympia zu retten", sagte Kulturministerin Lina Mendoni dem griechischen Staatsfernsehen. Rund um die antike Stätte und das Stadion von Olympia hatten starke Einheiten der Feuerwehr und der lokalen Behörden eine letzte Verteidigungslinie gegen die Flammen gebildet. Donnerstag früh lenkte eine leichte Brise die Flammen weg von Olympia, wie Reporter vor Ort berichteten.

Schwere Brände tobten am Donnerstagmorgen auch auf der Halbinsel Euböa und in zahlreichen Regionen der Halbinsel Peloponnes. An Euböas Küste mussten nahe der Ortschaft Rovies dutzende Menschen mit Booten in Sicherheit gebracht werden. Zahlreiche Häuser wurden zerstört, mehrere Dörfer evakuiert.

Landesweit seien innerhalb von 24 Stunden 161 Brände ausgebrochen, hieß es am Mittwochabend vom Zivilschutz. Ein Feuer im Norden Athens konnte zunächst weitgehend eingedämmt werden, auch dank nachlassender Winde. Die Stadt stand jedoch unter einer Rauchglocke. Die Intensität der Brände in Griechenland habe inzwischen das übliche Maß der Sommermonate überschritten, sagte Mark Parrington vom europäischen Copernicus-Klimawandeldienst der Deutschen Presse-Agentur.

Schlimmste Waldbrände der Geschichte

In der Türkei sei die Lage noch außergewöhnlicher. Die Türkei kämpft nach Angaben von Präsident Recep Tayyip Erdogan gegen die schlimmsten Waldbrände ihrer Geschichte, wie er am Mittwochabend in einem TV-Interview erklärte. Seit Beginn der Datenerfassung 2003 seien dort keine derart intensiven Feuer beobachtet worden, bestätigte auch Parrington. Nach offiziellen Angaben bekämpfte die Feuerwehr in der Türkei bisher über 160 Brände, von denen ein Großteil gelöscht worden sei. Doch Großbrände in den Provinzen Antalya und Mugla können seit Tagen nicht unter Kontrolle gebracht werden. Am Mittwoch griffen die Flammen in Milas (Mugla) zudem auf ein Kohlekraftwerk über. Der Bürgermeister von Milas, Muhammet Tokat, twitterte am Abend, die Flammen hätten das Kraftwerk erfasst. Das Werk würde evakuiert. Türkischen Medien zufolge war explosives Material zuvor weggeschafft worden.

Laut Doganay Tolunay, Forstingenieur an der Istanbul-Universität, fielen bisher schätzungsweise mehr als 100.000 Hektar Land den Feuern zum Opfer. Allein in Mugla wurden bisher 2.000 Häuser beschädigt, 16.000 Menschen mussten dem Innenministerium zufolge ihre Unterkünfte verlassen. In Antalya schätze man den Schaden noch deutlich höher. Bisher starben acht Menschen durch die Brände.

Auch bei Waldbränden in Albanien und im Kosovo kamen zwei Menschen ums Leben, in Bulgarien starben zwei Forstarbeiter bei Löschversuchen an der Grenze zu Griechenland.

Feuer und Überschwemmungen in Italien

Italien kämpft nicht nur gegen Flammen, sondern auch gegen Überschwemmungen. Nach heftigen Gewittern in Norditalien kam es am Mittwochabend zum zweiten Mal binnen zehn Tagen zu heftigen Niederschlägen mit Erdrutschen am Comer See. 120 Personen mussten von einem Campingplatz in der Ortschaft Dervio evakuiert werden, nachdem ein Fluss über die Ufer getreten war.

In der lombardischen Provinz Lecco kam es zu Erdruschen nach heftigen Gewittern, Wind und einem Absturz der Temperaturen. Feuerwehrmannschaften waren in der Provinz Como im Dauereinsatz, um Garagen, Keller und Straßen von Schlamm und Wasser zu befreien. Einige Autofahrer, die in überschwemmten Unterführungen stecken blieben, mussten von der Feuerwehr in Sicherheit gebracht werden, teilten die Behörden mit. Bereits vergangene Woche war die Gegend um den Comer See von schweren Unwettern heimgesucht worden.

Dreimal so viele Großbrände wie 2020

In Mittel- und Süditalien toben weiterhin schwere Brände. Flammen zerstörten einen Wald in der sizilianischen Provinz Trapani. Drei Feuer brachen unweit von Neapel aus. Zwei Betriebe mussten evakuiert werden. Die Ermittler vermuten das Werk von Brandstiftern. 20 Hektar Buschwald wurden in der toskanischen Provinz Grosseto von den Flammen zerstört.

Die Großbrände in Italien haben sich im Sommer 2021 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2020 fast verdreifacht. Sie verursachten Schäden in Millionenhöhe für Umwelt, Wirtschaft und Tourismus, geht aus einer vom Bauernverband Coldiretti durchgeführten Analyse hervor. Zehntausende von Hektar Wald und mediterraner Macchia seien von den Flammen vernichtet worden. Olivenhaine und Weiden wurden von den Flammen zerstört, die bis in die Städte reichten. (APA, dpa, 5.8.2021)