Architekt Alexander Loebell lebt und arbeitet in ein und demselben Gebäude im zweiten Gemeindebezirk von Wien. Um sich seinen Wohntraum vom Loft zu erfüllen, hat er über 50 Fabriksgebäude besichtigt.

"Im Rahmen eines Fulbright-Stipendiums bin ich 1997 nach New York gegangen, um ein Postgraduate für Architektur an der Columbia-Universität zu absolvieren. Drei Jahre später kehrten wir mit vielen Erlebnissen, einem Abschluss von der Columbia und meiner ersten Tochter Lilli im Gepäck nach Wien zurück. Das war ein sehr schwerer Abschied. Ich habe New York derartig geliebt, dass ich einen Teil dieser Lebensweise mit nach Wien nehmen wollte.

Nicht ganz ein Jahr hat Architekt Alexander Loebell an der Umsetzung seines Lofts getüftelt.
Foto: Lisi Specht

Wir sind mit zwei Koffern nach New York gegangen und nach drei Jahren mit einem halben Container nach Wien zurückgekehrt. Für diese Mitbringsel musste ein passender Raum gefunden und geschaffen werden. Nach New Yorker Vorbild habe ich mich auf die Suche nach einem Loft gemacht und rund 50 Fabriksgebäude angesehen. Meine Sinne waren durch die unzähligen Besichtigungen sehr geschärft. Als ich dann hier hereingekommen bin, wusste ich, das ist es. Es gibt in Wien wenige historische Stahlskelettbauten mit diesen wunderschönen, gusseisernen Säulen.

Hocheuphorisch und dankbar über diese einzigartige Chance bin ich also zur Bank gegangen, habe einen Kredit aufgenommen und diesen Teil der Fabriksetage als Rohbau erstanden. Ich hatte von Anfang an den Plan, das Loft nach meinen ganz persönlichen architektonischen Vorstellungen umzugestalten und in so vielen internationalen Zeitschriften wie möglich abbilden zu lassen. Es hat funktioniert. Sogar Mercedes-Benz hat hier die Werbeaufnahmen für den Flügeltürer SLS gemacht.

Die Einrichtung besteht aus besonderen Flohmarktfund- und Familienerbstücken genauso wie zeitgenössischen Kunstwerken.
Foto: Lisi Specht

Nur ein Jahr haben Planung und Umsetzung gedauert. Das ist ratzfatz gegangen. Die Idee eines Lofts ist eine Ein-Raum-Wohnung, und das bedarf einer anderen Wohneinstellung. Es ist nicht nur der Wohnraum sehr offen, sondern auch unser Umgang miteinander. Wenn eine meiner beiden Töchter Freunde mitbringt, sitzen schon einmal sieben Leute hier, kochen und essen miteinander. Das ist alles sehr easy-cheesy bei uns. Wir sind sehr dankbar, so viel Platz zu haben.

Das Loft ist mein persönlicher Wohntraum. Der Aufbau und die Einrichtung zeigen im Großen und Ganzen das, was ich in meinem beruflichen Architekturleben mache. Ich bin offen und tolerant gegenüber unterschiedlichsten Stilrichtungen. Mich interessieren die Schönheit, die Proportionen, oder die Präzision der Ausführung der einzelnen Objekte an sich und nicht die Tatsache, dass sie irgendeiner Stilepoche angehören. Hier findet man wertlose, aber sehr liebgewonnene Flohmarktware neben klassischen Empirekerzenleuchtern genauso wie tschechische Turnmöbel neben alten Familienerbstücken und Möbeln aus den 60er-Jahren. Es ist ein gewollter Stilmix aus mehreren Epochen, gepaart mit zeitgenössischer Kunst, und genau das macht es so besonders.

Alexander Loebell: "Es ist ein gewollter Stilmix aus mehreren Epochen, gepaart mit zeitgenössischer Kunst, und genau das macht es so besonders."
Fotos: Lisi Specht

Ein Künstler, den ich sehr schätze, ist Konrad Friedel. Wir haben einige spannende Projekte miteinander realisiert. Den Spiegel hinter dem Esstisch, das Lampenmobile, das sich frei im Raum bewegt, oder die potente Lampe Fantesticals stammen von ihm.

Wenn man Wien in eine Wohnung packen will, dann ist es wohl diese hier. Genau wie die Stadt hat auch diese Wohnung eine gewachsene Struktur, und verschiedene Stilepochen finden sich hier wieder. Am Naschmarkt sieht man Jugendstil in Reinkultur, der Stephansdom ist romanischen Ursprungs und wurde gotisch fertiggestellt, der Historismus an der Ringstraße verleiht jedem Gebäude das richtige Gewand, die unzähligen Palais wie das Palais Liechtenstein sind barock ausgeführt – und alles funktioniert sehr gut miteinander.

Viele Stücke wie die Bar, Leuchten und Lampen stammen von dem Designkünstler Konrad Friedel.
Fotos: Lisi Specht

Und es funktioniert deshalb so gut nebeneinander, weil die einzelnen Objekte von außergewöhnlicher Qualität und Schönheit geprägt sind. Diese Stile sind allein sehr beeindruckend, aber die Mischung ist das Großartige. Diese Wohnung spiegelt diesen Zugang wider." (9.8.2021)