Ex-Grünen-Politiker Christoph Chorherr ist mit seinen Aktivitäten für einen in Südafrika wirkenden Verein in grobe Turbulenzen geraten.

Foto: Matthias Cremer

Unruhige Zeiten kommen auf einige Beschuldigte in der sogenannten Causa Chorherr zu. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt seit 25. Oktober 2017 im Zusammenhang mit Spenden an den vom vormaligen Wiener Grünen-Politiker Christoph Chorherr gegründeten Verein S2arch, in dessen Vorstand er bis Jänner 2018 war.

Die WKStA erhebt den Vorwurf, dass Zahlungen im Konnex mit Immobilienprojekten und notwendigen Beschlüssen des Wiener Gemeinderats stünden, dessen Mitglied Chorherr bis Februar 2019 war. Strafrechtlich geht es gemäß Information des STANDARD um den Verdacht auf Amtsmissbrauch, Bestechung und Bestechlichkeit – die Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück, es gilt die Unschuldsvermutung. Ende Juli hatte die WKStA ihre Ermittlungen abgeschlossen und einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien vorgelegt.

Nun scheint klar, was die WKStA vorhat: Gegen zehn Beschuldigte will sie Anklage erheben, ergaben Recherchen des STANDARD nach einer entsprechenden Meldung der Presse. Über die Identität derer, die angeklagt werden sollen, herrscht striktes Stillschweigen, dem Vernehmen nach soll Chorherr aber dabei sein. Dessen Anwalt Richard Soyer sagt freilich, dass er "keine diesbezüglichen Informationen von den Behörden" erhalten habe.

Immobilienprominenz

Auf der Beschuldigtenliste fanden sich stets bekannte Immobilienunternehmen und -unternehmer. Einer davon ist Michael Tojner. Der Industrielle und Immobilieninvestor war von 2009 bis 2013 bei der Ithuba Capital AG, die auch zu den Spendern gehörte.

Tojners Wertinvest hat das Projekt Heumarkt entwickelt, auf diesem Areal beim Wiener Eislaufverein will er bekanntermaßen ein Immobilienprojekt samt Hochhaus verwirklichen. Diese Pläne hatten bei den Grünen grobe innerparteiliche Turbulenzen ausgelöst – aber auch solche mit der Unesco rund um den Weltkulturerbestatus der Innenstadt. Auch Tojners Anwalt Karl Liebenwein wusste am Donnerstag auf Anfrage nichts von etwaigen Anklageplänen der WKStA. Man habe keine Information und sehe im Akt keinen Anhaltspunkt für strafbares Handeln Tojners, sagte er.

Einstellung wurde abgewiesen

Auch ein Banker steht auf der Beschuldigtenliste. Er galt als Großspender für den Verein S2arch, der als Träger von "Ithuba" unter anderem Schulprojekte in Südafrika förderte und finanzierte. Betrieben werden zwei Schulen für benachteiligte Kinder. Dieser Beschuldigte ist mit einem Antrag auf Einstellung des Verfahrens im Frühling 2020 gescheitert. Er hat unter anderem argumentiert, dass die Spenden in keinem Konnex zu Immobilienprojekten in Wien gestanden seien.

Chorherr war ab 1991 im Wiener Landtag und Gemeinderat, seit 1996 im Ausschuss für Stadtplanung und Stadtentwicklung. Ab 2011 wurden die Grünen in diesem Bereich wichtiger: Damals war Maria Vassilakou Vizebürgermeisterin und Stadträtin für unter anderem Stadtentwicklung geworden. Die Magistratsabteilung MA 21 für Stadtteilplanung und Flächenwidmung ressortierte zu ihr. Gemäß Ermittlern hat sich ergeben, dass einige Spenden, um die es in der Causa geht, zeitnah zu Widmungsersuchen oder sonstigen in die Zuständigkeit der MA 21 fallenden Ansuchen erfolgt seien.

Chorherr wollte Diversion

Chorherr hat im Mai einen Antrag auf Diversion eingebracht. Wie berichtet argumentiert sein Anwalt Soyer, dass sich sein Mandant keine Pflichtwidrigkeit habe zuschulden kommen lassen, dass er sich aber – flapsig nacherzählt – der schiefen Optik bewusst sei. Im Herbst 2017 hatte sich Chorherr so verteidigt: "Niemals habe ich jemandem, weil er oder sie gespendet hat, einen Vorteil bei einem Widmungsverfahren – soweit ich daran beteiligt gewesen bin und ich das auch hätte beeinflussen können – verschafft." Im Diversionsantrag unterstrich sein Anwalt, dass sein Mandant von zahlreichen Zeugen aus der MA 21 nicht belastet worden sei.

Wie die Sache strafrechtlich nun weitergeht: Die OStA Wien prüft den Vorhabensbericht, danach geht er noch ans Justizministerium, das unter Leitung der Grünen-Politikerin Alma Zadić steht. Parteifreunde sind sie und Chorherr nicht mehr: Im Herbst 2019 hat er seine Mitgliedschaft bei den Grünen zurückgelegt. (Renate Graber, Fabian Schmid, 5.8.2021)