Mit Bezahltests sollen Skeptiker zur Impfung bewogen werden.

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PRO: Weg damit

Da fordert der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres, also tatsächlich ein Ende der Gratis-Corona-Tests. Zu Recht. Alle wollen, dass diese Pandemie endet, das geht eben nur über die Impfung. Und die Zahlen belegen, dass sie wirkt. Einen vernünftigen Grund, sich nicht impfen zu lassen, gibt es dementsprechend nicht. Gekostet hat die Pandemie bisher genug, warum soll die Allgemeinheit also weiter für Gratistests aufkommen, nur weil ein Teil der Bevölkerung Befindlichkeiten über wissenschaftliche Fakten stellt? Es ist genügend Impfstoff da, und der Zugang ist niederschwellig, mangelnde Impfmöglichkeiten gelten als Argument also nicht mehr. Wer am gesellschaftlichen Leben teilhaben möchte, muss eben den Preis dafür zahlen.

Nicht alle in einen Topf werfen

Natürlich dürfen nicht alle in einen Topf geworfen werden. Wer sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen kann, muss weiterhin kostenlosen Zugang bekommen. Selbiges gilt für Gruppen, für die es noch keinen zugelassenen Impfstoff gibt – Kinder unter zwölf Jahren etwa. Tests erzeugen einen Screeningeffekt, keine Frage, aber wer grundlos die Impfung verweigert, wird wohl auch kein emsiger Tester sein. Gute Screeningergebnisse lassen sich übrigens auch aus Abwasser beziehen. Zwar wissen wir nicht, wie es mit Mutationen weitergeht, passiert abermals Unerwartetes, kann der Bund reagieren und die Kosten für Tests wieder übernehmen. Schnell auf Unerwartetes zu reagieren übt das Land seit eineinhalb Jahren. (Andreas Danzer)

KONTRA: Eine zu simple Strategie

Nun scheint ein Weg gefunden zu sein, mehr Menschen zur Impfung zu bewegen. ÖVP-geführte Bundesländer, die Ärztekammer und tendenziell auch die Bundesregierung glauben, die Impfbereitschaft mit einem Stopp der Gratis-Corona-Test-Aktion signifikant erhöhen zu können. Ein riskanter Plan, ohne Gewissheit, dass der gewünschte Lenkungseffekt auch tatsächlich eintritt.

Es muss bei allen politischen Aktionen das Ziel vor Augen bleiben, das Infektionsgeschehen zu drosseln. Dafür haben sich die Gratis-Corona-Tests als Sicherheitsnetz, als effektive und brauchbare Strategie der Prävention erwiesen. Wenn nun nicht mehr flächendeckend, niederschwellig gratis getestet wird, geht die ohnehin schwache Kontrolle über die Pandemie weiter verloren. Niemand weiß zudem, was im Herbst mit den Delta- und Lambda-Varianten noch auf uns zukommt.

Auf die Motive der Impfskeptiker reagieren

Statt auf die vermeintlich logische Maßnahme einer Bezahlschranke für Tests zu setzen, sollte rasch und intensiv auf die Motive der Impfskeptiker und -verweigerer reagiert werden. Dort muss angesetzt werden, um gezielt gegenzulenken. Die Verhaltensökonomie könnte hier sicher wertvolle Beiträge liefern. Die Impfwilligkeit ist auch eine soziale Frage. Auch das blieb bislang völlig unterbelichtet. Die Impfbereitschaft zu erhöhen ist ein vielschichtiges Unterfangen, die simple Strategie "Schaffen wir halt die Gratistests ab" greift viel zu kurz. (Walter Müller, 5.8.2021)