Sie will nur laufen.

Foto: imago images/East News

Das Internationale Olympische Komitee hat im Fall der Sprinterin Kristina Timanowskaja zwei belarussischen Leichtathletik-Trainern die Olympia-Akkreditierung entzogen. Das habe eine am Mittwoch eingesetzte Disziplinarkommission entschieden, teilte das IOC am Freitag in Tokio über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Die provisorische Maßnahme sei im Interesse des Wohls der belarussischen Sportler ergriffen worden, die sich noch in der Olympia-Stadt befinden.

Die Trainer Artur Schimak und Juri Maisewitsch haben den Angaben zufolge das olympische Dorf umgehend verlassen, nachdem sie dazu aufgefordert wurden. Die beiden Funktionäre sollen Timanowskaja in Tokio mitgeteilt haben, dass sie wegen kritischer Äußerungen in den Sozialen Medien vorzeitig in ihre Heimat zurückkehren müsse.

Die 24-Jährige hatte sich am Flughafen Haneda an die japanische Polizei gewandt und den Rückflug verweigert. Inzwischen hat sie ein humanitäres Visum von Polen erhalten und am Mittwoch Tokio verlassen.

Erleichterung

Bereits in Polen gab Timanowskaja am Donnerstag eine Pressekonferenz. Sie zeigte sich erleichtert und sei "froh, in Sicherheit zu sein". Die 24-Jährige sagte, sie sei "überrascht, dass die Situation zu einem solchen politischen Skandal wurde, weil sie als sportliches Problem begonnen hatte". Die Sprinterin beteuerte: "Ich will einfach nur meine sportliche Karriere verfolgen. Ich habe mit meinen Eltern gesprochen und sie sagten, Polen wäre eine gute Option, weil sie irgendwann auch hierher ziehen könnten."

Timanowskaja berichtete, ihr Ehemann Arseni Zdanewitsch sei ebenfalls auf dem Weg nach Polen, wo vermehrt belarussische Regierungskritiker Zuflucht suchen. Auch Zdanewitsch erhalte ein humanitäres Visum, teilte die polnische Regierung mit.

"Ich habe viele schlechte Nachrichten bekommen"

Ihre Eltern hätten ihr berichtet, "dass sie im (belarussischen; d.Red.) Fernsehen schlechte Dinge über mich sagen. Ich habe viele schlechte Nachrichten bekommen, aber noch mehr Unterstützungsbotschaften", sagte Timanowskaja. Von den eigenen Funktionären zeigte sie sich enttäuscht: "In mir ist etwas zerbrochen. Ich habe gespürt, dass sie keinen Respekt vor den Sportlern haben, vor meiner Arbeit und der Anstrengung, die ich in den Sport stecke und die sich zeigt, indem ich unser Land vertrete."

In ihren Fall hatten sich auch hochrangige Politiker aus Europa und den Vereinigten Staaten eingeschaltet. So verurteilten etwa Bundesaußenminister Heiko Maas und sein US-Amtskollege Antony Blinken das mutmaßliche Vorgehen der belarussischen Delegation, die Timanowskaja wegen kritischer Aussagen über ihre Trainer gegen ihren Willen am Sonntag von den Olympischen Spielen in Tokio abziehen und in die Heimat bringen wollte.

Weitere Konsequenzen offen

Welche Konsequenzen dem Nationalen Olympischen Komitee von Belarus deswegen drohen, ist ungewiss. Athletenverbände hatten den sofortigen Ausschluss noch während der Spiele in Tokio gefordert. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte das NOK bereits im vergangenen Jahr mit Sanktionen belegt. Der international umstrittene Staatschef Alexander Lukaschenko musste sein Amt als Vorsitzender abgeben, seinem Sohn und Nachfolger Wiktor verweigert das IOC die Anerkennung. Zudem sind die finanziellen Zuwendungen ausgesetzt.

Timanowskaja hatte als eine von 2000 Sportlerinnen und Sportlern einen Offenen Brief unterzeichnet, in dem Neuwahlen der Regierung und die Freilassung von politischen Gefangenen gefordert wurden. Lukaschenko geht seit der Wahl 2020 mit Polizeigewalt gegen die Demokratiebewegung in seinem Land vor. (sid, APA, red 5.8.2021)