Eine Impfung schützt laut Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein auch vor Long Covid.

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Wien – Die Menschen in Österreich werden ab Herbst voraussichtlich eine Corona-Impfauffrischung brauchen. Davon geht die türkis-grüne Regierung aus und startet deswegen mit den Vorbereitungen. Begonnen wird wie beim ersten Mal in den Pflegeheimen und bei Risikogruppen, sobald die Experten das empfehlen und die Freigabe auf europäischer Ebene dafür gegeben werde, sagen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne).

Kurz und Mückstein erwarten "bald neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Notwendigkeit einer dritten Impfung", wie sie in einer Mitteilung am Freitag erklärten. Daher werden mit den Landesimpfkoordinatoren bereits die Vorbereitungen getroffen. "Oberste Priorität hat der Schutz der Älteren und der vulnerablen Gruppen. Wir erwarten uns daher eine rasche Information der EMA zur Notwendigkeit einer dritten Impfung gegen das Coronavirus. Wir sind jedenfalls vorbereitet und haben mit den Landes-Impfkoordinatoren vereinbart, dass wir sofort nach einer möglichen Empfehlung mit der dritten Impfung beginnen können. Ich werde auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bitten, dass dieses Thema auf europäischer Ebene prioritär behandelt wird", so Kurz.

Platter unterstütz Regierung

"Auf Basis der aktuellen Datenlage gehen wir davon aus, dass eine Auffrischungsimpfung frühestens nach neun Monaten notwendig sein wird. Das Nationale Impfgremium beobachtet hier laufend die Entwicklungen. Besonders wichtig ist es derzeit aber vor allem, dass so viele Menschen wie möglich ihren Impfschutz vervollständigen – nur so sind sie bestmöglich vor Delta geschützt. Parallel dazu sind wir jedenfalls für die dritte Impfung gerüstet", erklärte Mückstein. Die Regierung will sich zusätzlich mit jenen Ländern austauschen, in denen die dritte Impfung bereits im Gange oder in Planung ist, beispielsweise Israel oder Deutschland.

Unterstützung dabei, nun gemeinsam mit den Ländern die Planung und Vorbereitung für den dritten Stich zu beginnen, kam von Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), dem derzeitigen Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz. "Um die Corona-Pandemie endgültig besiegen zu können, ist es wichtig, dass die Schutzwirkung der Impfung dauerhaft aufrechterhalten bleibt. Um das zu garantieren, wird es laut medizinischen Experten zeitgerecht eine Auffrischungsimpfung brauchen. Ich erachte es für sinnvoll, bei diesem dritten Stich wiederum mit den vulnerablen Gruppen zu beginnen", erklärte Platter. Er verlangte zudem von der EMA, rasch für Klarheit bei den noch offenen Fragen zu sorgen.

Ausreichend Impfstoff vorhanden

Das Infektionsgeschehen bleibt indes seit Wochen unverändert: 70 Prozent der Neuinfektionen betreffen unter 35-Jährige, weniger als fünf Prozent über 65-Jährige. "Der Impfstoff wirkt und schützt gegen das Virus und die Varianten. Es liegt in der Hand jedes Einzelnen, das Angebot anzunehmen und sich impfen zu lassen", sagt Kurz und appelliert noch einmal an die junge Bevölkerung, sich impfen zu lassen.

Auch Mückstein richtet einen Impfaufruf an Junge: "Unser oberstes Ziel muss es sein, die Durchimpfungsrate weiter zu erhöhen. Deshalb erneuere ich meinen dringenden Appell: Bitte, lassen Sie sich impfen und vervollständigen Sie Ihren Impfschutz. Dieser Aufruf richtet sich vor allem auch an die jungen Leute." Die Impfung schütze auch vor Long Covid. "Diese Erkrankung ist nicht zu unterschätzen, sie wird unser Gesundheitssystem noch sehr fordern", sagt Mückstein. "Zehn bis 14 Prozent der Infizierten leiden noch Monate später an den teils lebensverändernden Folgen einer Corona-Erkrankung – zu einem überwiegenden Teil sind Frauen und jüngere Personen betroffen."

Entscheidend für den weiteren Erfolg im Kampf gegen die Pandemie sei jetzt vor allem eine ausreichende Durchimpfung der Jungen und der Impfschutz der älteren und vulnerablen Gruppen. Derzeit sei die wissenschaftliche Datenlage noch nicht aussagekräftig genug, um eine dritte Impfung generell – schon vor Ablauf der neun Monate nach Zweitstich – zu empfehlen. Hier brauche es zuerst die nötige wissenschaftliche Evidenz, um die weitere Vorgehensweise zu fixieren. Impfstoff sei ausreichend vorhanden. Sollte sich die Situation also ändern, werde man rasch damit starten können, betonen Bundeskanzler und Gesundheitsminister.

Große Unterschiede zwischen Gemeinden

Während sich in Österreich die Zahl der verabreichten Corona-Impfungen einbremst, kratzt das Burgenland als erstes Bundesland an der 60-Prozent-Marke an Vollimmunisierten (59,9 Prozent bis Donnerstagabend). Der Grundstein dafür wurde auf Gemeindeebene gelegt. Sechs der zehn am besten durchgeimpften Gemeinden sind burgenländisch. In Kärnten, Oberösterreich und Tirol gibt es hingegen noch Gemeinden, wo weniger als ein Drittel der Menschen vollimmunisiert ist.

Insgesamt gibt es in Österreich laut Zahlen des E-Impfpasses zwar schon dreizehn Gemeinden, in denen über 70 Prozent der Bevölkerung beide Teilimpfungen, oder eine Dosis des Wirkstoffes von Johnson & Johnson bekommen haben und somit als vollimmunisiert gelten. Gleichzeitig ist die Impfmoral aber in einigen Gemeinden im Inn- und Mühlviertel, in Teilen des Waldviertels, in Oberkärnten, Osttirol, im Oberinntal sowie und in einigen Gemeinde im Flach- und Tennengau niedrig.

Spiess als Schlusslicht

Aus diesen Regionen stammen auch die drei letzten übrig gebliebenen Gemeinden mit weniger als 30 Prozent an zweifach Geimpften – das sind Auerbach im Innviertel (28,69 Prozent), Stall im Mölltal (27,31 Prozent) und Spiss in Tirol (26,26 Prozent). In allen anderen Gemeinden Österreichs sind mindestens 30 Prozent der Bevölkerung vollimmunisiert.

Vorzeige-Bundesland ist damit schon seit Wochen das Burgenland. Mit Großmürbisch (72,77 Prozent), Kleinmürbisch (71,18 Prozent), Podersdorf am See (70,72 Prozent), Ritzing (70,75 Prozent), Frankenau-Unterpullendorf (70,52 Prozent), Illmitz (70,13 Prozent) und Tadten (70,16 Prozent) sind sieben der österreichweit insgesamt zwölf Gemeinden mit über 70 Prozent Vollimmunisierten burgenländisch. (APA, 6.8.2021)