Dass Messi nun Barcelona verlassen muss, hat nicht nur ihn überrascht.

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Präsident Joan Laporta macht schlechtes Management der früheren Klubverantwortlichen für das Scheitern der Vertragsverlängerung verantwortlich.

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Barcelona – FC-Barcelona-Präsident Joan Laporta macht die frühere Führung des spanischen Topklubs für die Trennung von Lionel Messi verantwortlich. "Wir haben ein furchtbares Erbe angetreten", sagte Laporta am Freitag. Die finanzielle Lage sei aufgrund des "katastrophalen Managements" der vergangenen Jahre so schlecht, dass man bei einer Weiterverpflichtung Messis nicht die Vorgaben der spanischen Liga hätte erfüllen können.

Allein die Gehaltsmasse sei zuletzt mit Messis Vertrag um zehn Prozent höher als die Gesamteinnahmen des Vereins gewesen, erklärte Laporta, der seit März zum zweiten Mal die Geschicke des katalanischen Klubs leitet. Man habe mit Messi und dessen Vertreter zwar eine Einigung erzielt, diese aber aufgrund der Auflagen des finanziellen Fairplays in Spanien nicht verwirklichen können. "Ich bin traurig, aber gleichzeitig bin ich auch davon überzeugt, dass wir das getan haben, was im besten Interesse des Vereins ist."

Kein Bluff

Der Vertrag von Barcelona mit Messi war am 30. Juni ausgelaufen. Am Donnerstagabend verlautbarte der Klub dann nach 21 Jahren das Ende einer Ära. Zwar hätten beide Seiten die Absicht für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit geäußert, diese sei aber laut Ligastatuten nicht möglich. Die in spanischen Medien geäußerte Spekulation, dass es sich um einen großen Bluff von Barca gehandelt habe, um die Liga mit dem Argument, nach Cristiano Ronaldo einen weiteren Superstar zu verlieren, unter Druck zu setzen, schien am Freitag bereits nicht mehr zu halten.

Die offizielle Begründung des Vereins – Statuten der Liga verhinderten eine neue Zusammenarbeit – wirft Fragen auf. Einer der bekanntesten und angesehensten Fußball-Kommentatoren Spaniens, Julio Maldonado, schrieb auf Twitter: "Das ist ein sehr harter Schlag nicht nur für den FC Barcelona, sondern auch für die Liga."

Erst Ronaldo, nun Messi

Nach Ronaldo verlässt nun also auch Messi die Primera Division. "Wie konnten sie sich nur selbst in so eine missliche Lage bringen?", fragte der ehemalige englische Profi und jetzige TV-Experte Gary Lineker.

"Der Klub steht über allem, sogar über dem besten Spieler der Welt", erklärte Laporta. Die finanzielle Situation von Barcelona sei "noch weit schlechter" als bei seiner Amtsübernahme angenommen. Dem Mitgliederverein sollen infolge der Corona-Krise Schulden von mehr als einer Milliarde Euro zu schaffen machen. "Wir haben eine Vereinbarung (mit Messi) getroffen, aber wir haben sie wegen der wirtschaftlichen Situation des Klubs nicht formell abschließen können. Das bedeutet, dass wir den Spieler wegen der Gehaltsobergrenzen nicht anmelden können."

Messi auf Jobsuche

Selbst wenn Messi die Fußballwelt zu Füßen liegt, in einer Situation wie dieser befand sich der 34-Jährige noch nie. Nur wenige Wochen nachdem er endlich seinen ersten großen Titel mit Argentinien bei der Copa América bejubelte, ist er nun auf Jobsuche.

Und das – so der Tenor der spanischen Medien – unfreiwillig. Vor einem Jahr wollte er mit aller Macht weg, nun aber hatte alles darauf hingedeutet, dass er nach ein paar Wochen ohne Vertrag in Kürze einen neuen unterschreiben würde. Medien gingen davon aus, dass der sechsfache Weltfußballer einen Vertrag über fünf Jahre mit kräftiger Gehaltseinbuße unterschreiben würde.

Paris Saint-Germain oder Manchester City?

Messi habe bleiben wollen und bisher mit keinem anderen Verein verhandelt, berichtete der katalanische Sender RAC1, Messi sei "tief betroffen". Das Scheitern der Verhandlungen war offenbar nicht vorgesehen.

Als neue Arbeitgeber wurden in internationalen Medien bereits Paris Saint-Germain und Manchester City genannt. Sky Sport Italia zufolge gab es schon eine Kontaktanbahnung des französischen Spitzenklubs.

Was für PSG sprechen würde: Messis Wiedervereinigung mit seinem ehemaligen Barcelona-Sturmpartner Neymar. Auch sein Landsmann Angel di Maria ist bei den Parisern engagiert. Priorität soll bei PSG aber laut französischen Medienberichten ein neuer Vertrag für Kylian Mbappe haben. Der französische Weltmeister ist nur noch bis kommenden Sommer gebunden – und mit 22 zwölf Jahre jünger als Messi. Konkurrenz von Real Madrid im Kampf um Mbappes Unterschrift will PSG tunlichst vermeiden.

Wiedersehen mit Guardiola?

Für einen Wechsel zu den Citizens spricht ein Trainer, der Messi bestens kennt – und umgekehrt. Mit Pep Guardiola gewann der Argentinier 2009 und 2011 bei Barcelona unter anderem zweimal die Champions League. ManCity soll bereits im Sommer 2020 Messis erste Wahl gewesen sein, als er nach Unstimmigkeiten mit der damaligen Klubführung Barcelona verlassen wollte.

Allerdings hat City erst am Donnerstag den englischen Teamspieler Jack Grealish verpflichtet. "Und er wird die Nummer 10 tragen. Wir waren überzeugt von Grealish und überzeugt, dass Leo bei Barca bleiben würde", sagte Guardiola nach dem abrupten Ende der Messi-Ära bei den Katalanen.

Der FC Barcelona veröffentlichte am Abend noch ein Video, eine Huldigung an den Spieler, der 2000 als 13-Jähriger von Rosario aus Argentinien gekommen war und den Verein prägte wie kein anderer. Über sieben Minuten, nur das Beste von Messi, der mit dem Verein 35 Titel gewann, mit 672 Treffern bester Torschütze in der 121-jährigen Geschichte des Klubs ist und 778 Spiele bestritt. Mehr werden es nicht.

Frankreichs Sportzeitung "L'Équipe" prophezeite bereits die "große Seifenoper" dieses Sommers bei der Suche nach dem künftigen Klub des Argentiniers. Er muss es entscheiden. Mit seiner Frau und den drei Söhnen lebt Messi schon lange an der Küste in Castelldefels südlich von Barcelona. (APA, red, 6.8.2021)