Valentino Rossi, der Hermann Maier auf zwei Rädern.

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Spielberg – Mit dem Wissen, dass Valentino Rossis Abschiedstour in dessen 26. Saison als Fahrer begonnen hat, geht die Motorrad-WM am Sonntag in Österreich in die zweite Saisonhälfte. Vor dem zehnten Saisonrennen führt der vierfache Saisonsieger Fabio Quartararo die Fahrerwertung komfortabel an, doch die Konkurrenz hat noch lange nicht klein bei gegeben. Vor den Steiermark-GP in Spielberg verbeugte sich die gesamte Motorradszene nochmals vor Ikone Rossi.

Der 42-jährige Italiener hatte am Donnerstag bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz seinen Rücktritt per Saisonende verkündet und damit die zweite Saisonhälfte nach der fünfwöchige Sommerpause mit einem Paukenschlag eingeläutet. Damit endet im November in Valencia eine der schillerndsten Sportkarrieren weltweit und schafft Platz für Neues. Die MotoGP macht sich ab sofort auf in die Ära nach Valentino Rossi.

Es hätte durchaus noch dauern können bei Rossi. Er bestätigte in Spielberg, dass es die Option gegeben hätte, 2022 in seinem eigenen MotoGP-Team auf einer Ducati neben Halbbruder Luca Marini nochmals als Fahrer aufzutreten. Für nur eine Saison sei ihm aber ein Markenwechsel zu riskant gewesen.

"Eine tolle Zeit mit unvergessliche Momenten"

"Aber es stimmt. Ich hatte ein offizielles Angebot von meinem eigenen Team", scherzte Rossi nach der Rücktrittsbekanntgabe gut gelaunt. "Es wäre faszinierend gewesen, und mit den Gagenverhandlungen hätten wir wohl auch keine Probleme gehabt", ergänzte der neunfache Weltmeister augenzwinkernd, ehe er Bilanz zog.

Die fiel nach einem Vierteljahrhundert im WM-Sattel beim 115-fachen GP-Sieger fast durchwegs positiv aus. "Es war eine tolle Zeit mit unvergessliche Momenten", erklärte der 42-Jährige und beteuerte, dass sich seine Entscheidung nun "gut" anfühle.

Zum bisher letzten Mal stand der Yamaha-Fahrer freilich im Juli 2020 im Jerez als Dritter auf dem Podest, seinen letzten Sieg feierte er 2017 in Assen. "In jedem Sport sind die Ergebnisse am Ende ausschlaggebend. Insofern denke ich, es ist nun der richtige Schritt", beendete Rossi das Kapitel. "Leider wird das meine letzte halbe Saison. Da will ich versuchen, bessere Ergebnisse als bisher zu holen", sagte der WM-19.

Neu geordnete MotoGP

Die MotoGP hat sich ohnehin längst neu geordnet in den Jahren seit Rossis letztem WM-Titel 2009. Anfänglich Jorge Lorenzo und danach vor allem Marc Marquez haben danach das Ruder übernommen. Der 28-jährige Marquez ist mittlerweile selbst achtfacher Weltmeister und hat 89 GPs gewonnen. 57 davon in der MotoGP, in der er sechsmal den Titel gewonnen hat. Als Rossi 2015 seine letzte große WM-Chance gegen Lorenzo vergab, spielte Marquez keine unwesentliche Nebenrolle.

Die massive Arm- bzw. Schulterverletzung am Saisonbeginn 2020 hat den Spanier allerdings arg zurückgeworfen. Und auch wenn er nach langer Pause heuer auf dem Sachsenring schon wieder gewonnen hat, hat das lange Fehlen des Serien-Champions für andere Fahrer den Weg nach oben frei gemacht. Aktueller Weltmeister ist der Spanier Joan Mir (Suzuki), in der WM führt Quartararo auf Yamaha. Und aus den unteren Klassen drängen andauernd junge Fahrer in die Zweirad-Königsklasse nach.

"Er war schon zweimal Weltmeister, ehe ich auf die Welt gekommen bin", verneigte sich auch der 1999 geborene Quartararo vor Rossi. "Dass er nächstes Jahr nicht mehr dabei ist, macht mich traurig. Wegen ihm wollte ich auch Motorrad fahren, habe ihn mehrmals wegen Autogrammen abgepasst", berichtete der Franzose aus Nizza. "Er ist die Legende dieses Sports und hat eine großartige Karriere vorzuweisen. Es ist unbeschreiblich, was er für mich bedeutet.

Ähnlich tönte Weltmeister Mir. "Ich fühle mich privilegiert, dass ich gegen ihn fahren durfte. Für mich ist er der Michael Jordan der MotoGP. Es wird schwierig sein, noch einmal einen Valentino Rossi zu finden." Der aktuelle WM-Zweite Johann Zarco (Ducati) meinte: "Vale hat den Rennsport seit den 2000er-Jahren verändert. Wenn jemand mit der MotoGP nichts zu tun hatte, dann sagte man seinen Namen, und alle wussten Bescheid. Es gibt im Sport wenig vergleichbare Personen." (APA, 6.8.2021)