Aus dem Beitrag "Lock Up" von Gerhard Mitterberger und Zita Oberwalder: Bogdan Bogdanovićs Gedenkstätte mit Kriegermausoleum in Čačak, Serbien.

Zita Oberwalder

Mit dem "Haus Enzian" hat 1999 alles angefangen. Das "aut. architektur und tirol" (damals: Architekturforum Tirol) gab es seit fünf Jahren, bis auf die kulturpolitische Ebene hatte sich der Zweck der Einrichtung da allerdings noch nicht herumgesprochen, Fördergelder von der Stadt gab es trotzdem, allerdings nicht etwa aus dem Kulturtopf, sondern aus jenem für "Kindergarten und Schulamtsverwaltung".

Ein kurioser Umstand, dem Arno Ritter auch inhaltlich gerecht zu werden trachtete, also verschickte der Leiter des Aut mehr als hundert Plastikbausätze für Modelleisenbahnhäuser vom Typ "Enzian" an Persönlichkeiten aus Kunst, Architektur und Theorie. Dazu die Einladung, das gute Stück zu bearbeiten oder zu kommentieren.

Pandemie-Aufarbeitung

Retour kam – etwa von Raimund Abraham, Brigitte Kowanz, Tony Fretton oder Dominique Perrault – allerlei Kurioses, Schräges, Geschreddertes, auf den Kopf Gestelltes – und natürlich auch Kritisches zum Lederhosenstil. Und "Haus Enzian" wurde zum Vorbild für eine bis heute fortgesetzte Ausstellungsreihe, in der persönliche Zugänge zu einem bestimmten Thema gezeigt werden, im aktuellen Fall zur Beziehung zwischen Körper und Raum.

Die Körper und der Raum. 114 Beiträge zu einer sinnlichen Erkenntnis klingt schwer nach Aufarbeitung der pandemiebedingten Einschränkungen, ist es aber nicht nur. Sasha Pirkers in pinken Lettern an die Scheiben gepinselte Worte "Disco" und "Very" könnten als Gruß an die lange darbende Clubszene gelesen werden, verheißen im Doppelpack aber auch andere Entdeckungen.

Man macht sie in einem Bastelkellerraum, den das Kollektiv Numen / For Use mit einer unsichtbaren zweiten Haut aus Latex ausgestattet hat. Bei Luftzufuhr bläht sich das Zimmer immer mehr auf, stülpt sich samt dem gesamten Mobiliar aus, bis ein inverser Raum entsteht. Wird die Luft wieder ausgelassen, bildet er sich zurück. Das ist auch eine Denksportaufgabe für die räumliche Wahrnehmung, hier in einem Video, vielleicht demnächst als Installation zu sehen.

114 Beiträge aus Kunst, Architektur, Design, Theorie und anderen Disziplinen spielen mit Proportionen, Materialien, Atmosphären, prä- und postpandemischen Erfahrungswerten. Nikolaus Schletterer und Robert Pfurtscheller lassen den Ausstellungsraum im "5,5 sec"-Takt atmen, Lois Weinberger erklärte einen Insektenkokon bereits 1998 zum "Modell für ein Wohnhaus", Teresa Stillebachers unheimliche Kuscheltiere erzählen von der Entfremdung in virtuellen Räumen.

Pritzker-Preisträger

Dass sich unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch eine ganze Reihe von Pritzker-Preisträgern befindet, darunter Lacaton & Vasall oder Yvonne Farrell (Grafton Architects), sei erwähnt. In puncto individueller Raumerfahrung erweist sich die parallel im Aut laufende Schau des Architekturkollektivs Krater Fajan mit einem Wald aus Holzlatten als lohnend.

(Ivona Jelcic, 7.8.2021)