Gemeinsames Springen gehört für die meisten Kinder beim Trampolin einfach dazu – Experten raten davon aber ab.

Foto: istock/SilviaJansen

Schaukel und Sandkiste gehören bei Familien mit Kindern und Garten schon lange zur Fixausstattung. In den letzten Jahren hat sich in vielen Einfamilienhaussiedlungen des Landes mit einem Trampolin noch ein weiteres Spielgerät für die Kleinen und etwas Größeren dazugesellt.

Die Corona-Pandemie hat der Entwicklung noch einmal Anschub gegeben. Man komme seit dem ersten Lockdown im Vorjahr kaum mit den Bestellungen nach – und 2021 habe es noch einmal einen Sprung bei der Nachfrage gegeben, berichtet etwa Klaus Watzinger vom Watzinger Center im oberösterreichischen Reichenau. Die Lieferzeiten seien aktuell entsprechend lang.

Trend zu Markenprodukten

"Und was mir noch nie passiert ist: Innerhalb von einem Jahr gab es drei Preiserhöhungen, weil in China produziert wird", sagt Watzinger. Die Trampoline würden hauptsächlich von Familien gekauft, die meist online bestellen. Der Trend gehe in Richtung Markenprodukte, die bis zu 3000 Euro kosten – auch aus Sicherheitsgründen: "Bei Trampolinen um 200 oder 300 Euro muss natürlich beim Material gespart werden", betont Watzinger.

Die Sicherheitsbedenken vieler Eltern kommen nicht von ungefähr: Mit dem Trampolin-Boom schnellte auch die Zahl der Trampolinunfälle in den Gärten des Landes in die Höhe. So mancher Hopser landete unsanft in der Notaufnahme.

In die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie Graz kamen im Vorjahr 425 Kinder nach Gartentrampolinunfällen, wie eine Erhebung des Grazer Vereins "Große schützen Kleine" im Frühjahr ergab. Das entsprach einem Plus von 50 Prozent.Hochsaison für Trampolinunfälle ist laut Peter Spitzer, Generalsekretär des Vereins und wissenschaftlicher Leiter des Forschungszentrums für Kinderunfälle an der Grazer Universitätsklinik, immer das Frühjahr. Die ersten Sprünge auf einem Trampolin, das gerade erst der Osterhase gebracht hat, sind die riskantesten.

Waghalsige Sprünge

Beim Unfallhergang und der Art der Verletzung gibt es aber Altersunterschiede: Kinder bis zu einem Alter von sieben Jahren verletzen sich am häufigsten bei normalen Sprüngen oder beim Heraussteigen aus dem Trampolin. Letzteres wohl auch, so vermutet Spitzer, weil die Kinder sich überfordern und am Ende erschöpft sind. Häufig kommt es in dieser Alterskategorie zu Kopf- und Handgelenksverletzungen.

Bei älteren Kindern passieren eher Unfälle bei waghalsigen Sprüngen wie missglückten Salti. Häufig kommt es zu Verletzungen, weil ein Gegenstand auf dem Trampolin liegt oder die Kinder gegen Gebäudeteile oder Äste springen. Riskant ist außerdem, wenn mehrere Menschen gemeinsam springen und dabei durch einen unterschiedlichen Sprungrhythmus die eine Person erst auf dem Sprungtuch landet, wenn dieses wieder nach oben schnellt. Diese Kräfte können sogar zu Brüchen des Oberschenkelknochens führen, "und das ist immerhin der längste und stärkste Knochen des Menschen", sagt Spitzer.

Noch ein Unfallszenario: Wenn mehrere Kinder gemeinsam auf dem Trampolin springen, kann es bei Zusammenstößen zu Sprunggelenksverletzungen und Bänderrissen kommen. Manchmal legen sich die Kleinen auch unters Trampolin, um den anderen beim Springen zuzuschauen. Auch das kann wehtun.

Bei Richard Maier, Bundesfachgruppenobmann der Österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie in der Ärztekammer, landen manchmal auch Erwachsene, die – mitunter nicht ganz nüchtern – einen Unfall auf einem Trampolin hatten. Wirbelsäulenverletzungen, berichten die Experten, kommen aber selten vor.

Gesunder Sport

Der Kauf eines Trampolins will also wohlüberlegt sein. Das Netz, das die wildesten Sprünge abfängt, ist heute zwar fast immer Standard. Man sollte sich aber auch den richtigen Standort überlegen. Balkon oder Garage? Keine gute Idee, betont Spitzer: "Irgendwann ist immer die Decke erreicht." Die Geräte sollten außerdem regelmäßig überprüft werden, weil sie Wind und Wetter ausgesetzt sind.

Viele Gründe, das Trampolinspringen bleiben zu lassen – oder? Nein, sagt Spitzer, denn die Bewegung ist gut für Kondition und Koordination. Durch die kleinen Stöße werden außerdem die Knochen gestärkt. Spaß macht es sowieso. Wer daran zweifelt, sollte einmal durch eine Einfamilienhaussiedlung spazieren und dem Gekreische der Kinder auf den vielen, vielen Trampolinen lauschen. Und vielleicht, ja, über seinen Schatten springen und es ausprobieren. "Aber mit Hausverstand", betont Spitzer. (Franziska Zoidl, 12.8.2021)