Hat am Badestrand seinen fixen Platz: der Marmorlöwe der dänischen Künstlerin Nina Beier. Er ist Teil des Ausstellungsrundgangs "Lichtenfels Sculpture" am Ufer des Ottensteiner Stausees.

Zwei Halbnackte starren auf den gestrandeten Löwen. Von ihrem Badegewand perlen Wassertropfen, Handtücher hängen über ihren Schultern. Zu ihren sandigen Füßen weist ein kleines Schild auf den Ursprung des eine Tonne schweren Tiers hin: Die dänische Künstlerin Nina Beier hat die Marmorskulptur hier halb in den Sand eingraben lassen. Der Guardian, wie sein auftraggebender Name lautet, der ihn quasi zum Bademeister mit steinerner Mähne macht, ist Teil des neuen Ausstellungsrundgangs Lichtenfels Sculpture am Ufer des Ottensteiner Stausees im Waldviertel.

Ins Leben gerufen hat das Format Olivia Thurn-Valsassina, Leiterin der Galerie Emanuel Layr in Wien. Gemeinsam mit dem Galeristen wurde hier auch kuratiert, wobei drei der insgesamt acht gezeigten Positionen aus dessen Programm stammen. Wenn es funktioniert, möchte Thurn-Valsassina die Ausstellung am Stausee gern jährlich abhalten und jeweils jemand anderen für das Konzept einladen. Es gebe, wie sie sagt, zu wenig zeitgenössische Kunst in Niederösterreich. Das soll sich jetzt mit dem insgesamt drei Hektar großen Skulpturenpark ändern.

Filmkulisse

Die Route führt auch in die erstmals seit etwa zehn Jahren zugängliche Ruine der im 13. Jahrhundert errichteten Burg Lichtenfels, deren Anblick sich schon von der Schnellstraße aus wie eine kitschige Filmkulisse bietet. Eine neu angebrachte Tafel erzählt die Geschichte der auf dem Granitfelsen errichteten Burg, zu deren Füßen erst in den 1950er-Jahren der Stausee angelegt wurde.

Im Hof werden augenförmige Aluminiumskulpturen der deutschen Bildhauerin Lena Henke von versteckten Spiegeln reflektiert und bilden einen glatt-glänzenden Dialogpartner. In der Kapelle bietet sich eine Metallarbeit des chinesischen Künstlers Yu Honglei mit Hirse und Chilischoten aus Papier vor dem Altar als Opfergabe dar.

Weil das Halbinselareal mit der Ruine, den Seeufern und dem dazugehörigen Campingplatz seit Generationen im Besitz Thurn-Valsassinas Familie ist, konnte sie die Idee, Kunst und Natur zu verbinden, hier umsetzen. Dieses Privileg nutzt die Kunsthistorikerin – und macht eine schöne und funktionierende Ausstellung daraus, die dennoch ungezwungen daherkommt. Zwischen den einzelnen Skulpturen liegt jeweils ein fünfminütiger Spaziergang durch das teilweise hügelige Areal (feste Schuhe!), der allerdings zum Großteil am schattigen Ufer entlangführt.

Informationen findet man zu Beginn bereits auf dem Campingplatz, wo die ersten Werke neben Grillplätzen und Wohnmobilen platziert sind, aber auch auf den jeweils bei den Werken angebrachten Schildern. Mittels QR-Code kann auch erst später auf der Route eingestiegen beziehungsweise nur ein einzelnes Werk erforscht werden. Lediglich die Skulptur des von den Bahamas stammenden Dominique Knowles kommt ohne Täfelchen aus. Es soll für sich allein stehen: Auf einem über das – von kleinen Booten und Stand-up-Paddlern befahrenen – dunkle Wasser hinausragenden Felsplateau wurde ein grüner Granitstein einem Grabmal ähnlich aufgestellt. Das auf der Platte eingemeißelte Gedicht gedenkt des verstorbenen Pferds des Künstlers.

Interaktion

Dass davor gerade eine Gruppe Badender auf bunten Handtüchern ihr Picknick verzehrt, hat fast einen morbiden Touch. Vor allem dann, als die Jausnenden fragen, ob hier tatsächlich jemand verstorben und der Stein einem verlorenen Menschenleben gewidmet sei. Die Interaktion mit dem Publikum, das hier herkommt, um die Natur zu genießen, und dann auf zeitgenössische Kunstwerke stößt, sei das Spannende, sagt auch Thurn-Valsassina. (Fun Fact: Der Löwe wurde bereits zum Halter für Handtücher und Flip-Flops.) Vor allem aber wegen der vielen Verschiebungen und Absagen durch Corona scheint das Interesse, Kunst nicht nur in den öffentlichen, sondern in den grünen Raum zu bringen, aktuell besonders groß (siehe Infos unten).

Das Grande Finale bietet eine bisher noch nicht ausgestellte Bronzeskulptur der österreichischen Künstlergröße Heimo Zobernig: Umringt von Rosenbüschen bricht die brachiale Figur samt Gesicht des Künstlers mit der idyllischen Umgebung. Gleich dahinter wartet die verdiente Abkühlung – Schwimmsachen nicht vergessen!

(Katharina Rustler, 7.8.2021)