Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein.

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Österreich, wie es ist. Wenn der Mitarbeiter eines ministeriellen Krisenstabes von schweren Verfehlungen innerhalb seines Ressorts erfährt – was würde er tun? Er könnte schweigen, er könnte sich daran beteiligen, er könnte seine Kollegen zu überreden suchen, von ihrem lästerlichen Treiben Abstand zu nehmen, und er könnte bei ausgeprägter Loyalität zu seinem Dienstgeber Vorgesetzten davon berichten. Was tut er in Österreich? Einmal dürfen Sie, verehrte Leserin, verehrter Leser, raten. Ein Mitarbeiter des Krisenstabes im Gesundheitsministerium offenbarte sich der "Krone": Er berichtet von exzessivem Gebrauch von Spirituosen, Bier und Schampus. Von frühmorgens bis nachmittags. Es gibt aussagekräftiges Bildmaterial und detaillierte Aussagen.

Der Alkohol-Skandal fand, welch ein Zufall, ausgerechnet in dem von einem Grünen geleiteten Gesundheitsministerium statt, während in allen anderen Dienststellen des Bundes niemals ein heißer Tropfen dabei beobachtet wurde, wie er durch eine Beamtenkehle fließt. Ein Schelm, wer dahinter einen politischen Dämpfer für einen grünen Minister erkennen will, der dem in der "Krone" vergöttlichten Bundeskanzler an Popularität vielleicht nahekommen könnte. Aber ein Ressortchef in Sneakers fordert solche Orgien ja heraus.

"Verstörende Bilder"

Und es muss die Hölle in einem für seine Abstinenz verschrienen Land gewesen sein. Es sind verstörende Bilder. Schränke voll mit Spirituosen, Bier, anderen Alkoholika. Volle Aschenbecher. Videos und Fotos. Mit Datum und Uhrzeit versehen. Da konnte es gar nicht anders kommen: Ein Mitarbeiter hat sich der "Krone" anvertraut. "Die Zustände sind unerträglich", sagt er. "Bereits um acht Uhr früh sind die Mistkübel voll mit leeren Bierdosen." "Durch die Alkoholexzesse haben sich Vorgänge verzögert. Auch der Grüne Pass", behauptet der Mitarbeiter, ein Offenbarungsdrang, der ein wenig Ibiza-mäßig erscheint, wie die sorgfältige Dokumentation des Alkohol-Skandals für die "Krone" zeigt. Nach Sichtung des Videomaterials heißt es aus dem Ministerium von Wolfgang Mückstein: "Uns sind die beschriebenen Vorgänge nicht bekannt." Und: Alle Aufträge seien jedenfalls von den Dienststellen fristgerecht erfüllt worden.

In der "Krone" wurde der Alkohol-Skandal am nächsten Tag wiedergekäut und mit einer Jeannée-Kolumne hinuntergespült. Beamte, die im Dienst saufen, das geht selbst bei uns nicht, so der für seine moralische Gnadenlosigkeit bekannte Schreiber. Noch dazu Beamte des Ministeriums für Gesundheit. In Pandemiezeiten wie diesen gehören solche "Beamte" gnadenlos entfernt. Haben kein Recht auf den Begriff "Kavaliersdelikt", der das Saufen auf gut Österreichisch verniedlicht. Um noch einmal zu fordern: Also weg mit den ministeriellen Tschecheranten. Bevor er die Todesstrafe forderte, fiel ihm eine private Saufgeschichte ein, die spielte aber beim Heurigen.

Fellner und das "No-Go"

Auch Enthüllungen wie der Alkohol-Skandal können den Untergang der "Krone" nicht aufhalten – wenn es nach Wolfgang Fellner geht. Der einst so erfolgreichen ‚Krone‘ laufen die Leser davon. Christoph Dichand kommt unter Druck – und wird so nervös, dass er den Erfolg von "Österreich" und "Oe24" durch Titelblatt-Entgegnungen stoppen will. Was nicht nur ein absolutes No-Go in der Medienbranche sein soll, sondern überhaupt ein Anschlag auf die Presse-Freiheit.

So "Österreich" an dem Freitag, an dem es mit einem Cover erschien, das an Seriosität die üblichen Titelblätter von "Österreich" weit übertraf. In dem ganzseitigen Urteil ging es im Wesentlichen darum, dass der in den Diensten Christoph Dichands stehende und in den Augen Fellners berüchtigte Anwalt und Verfassungsrichter Rami von Fellner im Namen der Republik verlangte, die Behauptung zu unterlassen, "Oe24" bringe alle Nachrichten am schnellsten und/ oder als Erster, jedenfalls schneller als Dichands "Krone.TV".

In "Österreich" fand man, das sei an Lächerlichkeit nicht zu überbieten, so pubertär, wegen so einer Werbung vor Gericht zu laufen, muss man als Zeitungs-Herausgeber erst mal sein. Die "Krone" habe – völlig unnötig, wie Fellner fand – darauf bestanden, dass dieses Urteil auf der Titelseite veröffentlicht wird, um Oe24 und "Österreich" zu schaden, was einen Tiefpunkt in Österreichs Mediengeschichte sei – und eine Schande!

Hierzu ist anzumerken, dass Pubertät keine Schande ist, dass auch nicht der Pubertierende vor Gericht lief, sondern nur besagter Rami wie ein wildgewordener Dobermann. (Günter Traxler, 7.8.2021)