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Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo übernahm mit der Olympischen Flagge auch eine schwere Bürde.

Foto: REUTERS/Carlos Barria

Tokio/Wien – Ehe die Flamme erlosch, glänzten die Orden. Zum Abschluss der Spiele der 32. Olympiade wurde nicht nur Organisationschefin Seiko Hashimoto mit dem olympischen Orden in Gold ausgezeichnet, sondern auch Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga und Tokios Gouverneurin Yuriko Koike. In der Zeit der Pandemie habe das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Unterstützung der japanischen Behörden benötigt und "immer darauf vertrauen" können, begründete IOC-Präsident Thomas Bach die Lamettaflut. Es seien "Spiele der Hoffnung, der Solidarität und des Friedens" gewesen, sagte der Deutsche, der in 180 Tagen seine nächste Eröffnungsfeier erlebt – jene der ebenfalls umstrittenen Winterspiele in Peking.

Ehe am Sonntag die Flamme in Tokio verlosch – und wohl nicht nur den wenigen hundert friedlichen Demonstranten vor dem Olympiastadion ein Seufzer der Erleichterung entfuhr – bekam Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris, die olympische Flagge von Bach überreicht. Schon in drei Jahren gibt die französische Hauptstadt ihre dritten Olympischen Spiele nach 1900 und 1924. In den Köpfen der Macher sind die Bilder schon lebendig, und sie sind ziemlich bunt. Olympisches Flair auf den Champs-Élysées, Party-Boote auf der Seine und endlose, jubelnde Menschenmassen drumherum – Paris will ein Sommerfest feiern, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. Ohne Pandemie, mit Zuschauern. Und damit ganz anders als Tokio im Jahr 2021.

Vorbildlich, spektakulär

Der Corona-Schleier lag bis zum Schlussakt am Sonntag über den Tagen in Japan, bis zur Übergabe der Flagge an Bürgermeisterin Hidalgo. Die Spiele in drei Jahren, das verspricht Organisationschef Tony Estanguet, sollen nun "spektakulärer" werden und "vorbildlicher" als alles bisher Dagewesene. Vor allem sollen sie Bilder um die Welt schicken, die dem IOC und Frankreich Milliarden bringen werden. Wettkämpfe im Schatten des Eiffelturms, auf der Place de la Concorde oder vor dem Schloss Versailles: Wenn die Welt zusieht, könnte der durch die Pandemie ausgebremste Tourismus wieder angekurbelt werden.

Die Stadt an der Seine als Bühne eines gigantischen Schauspiels, die besten Sportler der Welt in den Haupt- und Nebenrollen. Das ist der Traum. Zum Albtraum könnten die Herausforderungen werden, besonders jene, die noch nicht abzusehen sind. Gewissheiten gehören ohnehin der Vergangenheit an. Wer hat vor zwei Jahren ernsthaft daran geglaubt, dass in Tokio olympische Geisterspiele gegen den Willen der Gastgeber in einer gigantischen und – wie die bisherige Bilanz zeigt – recht gut funktionierenden Sportblase eine Option sind?

"Wir wissen noch nicht, in welchem Kontext die Spiele stattfinden werden", sagte Estanguet der Nachrichtenagentur AFP. Ziemlich sicher sei nur, "dass wir mit klimatischen oder gesundheitlichen Schwierigkeiten konfrontiert werden". Dafür gilt es Lösungen zu finden, ein Plan A reicht längst nicht mehr aus. Für die Veranstalter beginnt schon heute "ein Marathon mit der Geschwindigkeit eines Sprints über 100 Meter", wie Estanguet sagt.

Legendär, revolutionär

Im Ziel soll eine Eröffnungsfeier stehen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Sie zieht aus dem Stadion ins Zentrum, sie werde "einmalig und revolutionär", schwärmt Staatspräsident Emmanuel Macron bereits. Noch fehlen viele Details für die Zeremonie am 26. Juli 2024, bekannt ist, dass eine Party auf Lastkähnen auf der Seine geplant ist mit Hunderttausenden Schaulustigen am Ufer. "Im Herzen der Stadt", wie Estanguet sagt, in legendären Arenen und an traditionsreichen Schauplätzen.

Die Champs-Élysées, sportlich berühmt für die Schlussetappe der Tour de France, gehören zum Konzept, wenn die Spiele nach 100 Jahren zurück nach Paris kommen. Ebenso das Grand Palais oder das Stade Roland Garros, in dem Tennis, Handball und Boxen stattfinden sollen. Skateboard im Jardin des Tuileries, die französische Trendsportart Breakdancing direkt nebenan – die Olympischen Spiele sollen zu den Menschen kommen.

Da machen nur die Surferinnen und Surfer eine Ausnahme. Während vor Marseille gesegelt werden soll, finden ihre Wettkämpfe vor Teahupoo statt, an der Küste von Tahiti in Französisch-Polynesien. Auch dort werden "spektakuläre" Bilder entstehen. Wie das alles mit dem Versprechen von "klimapositiven" Spielen in Einklang zu bringen ist? Auch darauf müssen Estanguet und seine Mitstreiter noch Antworten finden. (sid, lü, 8.8.2021)