Athen/Ankara/Rom – Keine Ende der Waldbrände im Mittelmeerraum: Für die kommenden Tage wird erneut vor Hitze und Bränden gewarnt, zu Wochenbeginn droht in der gesamten Region die nächste Hitzewelle mit mehr als 40 Grad. In Griechenland haben die Brände rund um Athen nachgelassen, dafür steht ein großer Teil der Insel Euböa in Flammen. In Süditalien bedrohen Feuer zunehmend Landwirtschaft und Naturschutzgebiete. In der Türkei ist vor allem die südwestliche Provinz Muğla betroffen. Immer dramatischere Ausmaße nehmen die Waldbrände auch in Russland an: Der Umweltorganisation Greenpeace zufolge erlebt das Land die schlimmsten Waldbrände in der Geschichte seiner Wetterbeobachtung.

Hilfe aus Österreich in Griechenland

Überall kämpften Rettungskräfte und Bürger auch am Wochenende bis zur Erschöpfung gegen das Inferno an. Internationale Helferinnen und Helfer sind bereits angereist oder gerade dabei, auch Österreich unterstützt.

Feuer in Gouves im Norden der griechischen Insel Euböa.
Foto: imago images/ANE Edition/Vasilis Rebapis

35 Feuerwehrleute aus Salzburg machten sich am Montag auf den Weg nach Griechenland. Das Team aus dem ganzen Bundesland werde planmäßig eine Woche in Griechenland bleiben und dann von einer zweiten Schicht abgelöst, die wiederum eine Woche im Einsatz sein wird, sagte Michael Leprich vom Landesfeuerwehrverband am Sonntag zur APA. Athen hatte über den Europäischen Zivilschutzmechanismus um Hilfe gebeten.

Verkohlte Wälder, zerstörte Häuser, meterhohe Flammen und Rauchwolken, die den Himmel verdunkeln – ein am Montag veröffentlichtes Video des griechischen Youtube-Kanals Up Stories in Zusammenarbeit mit der griechischen Wetterbehörde zeigt, wie brutal das Feuer bisher auf der griechischen Insel Euböa gewütet hat.
Up Stories

Die Hilfe wird in Griechenland dringend benötigt. Auf Euböa hat am Sonntag verstärkt der Einsatz von Löschflugzeugen begonnen, nachdem die Brände im Norden Athens vorerst nachgelassen hatten. Allerdings wird die Arbeit der Rettungskräfte erschwert: "Es gibt große Schwierigkeiten für die Löschflugzeuge, weil die Temperaturen extrem hoch sind und die Sicht sehr schlecht", sagte der griechische Zivilschutzchef Nikos Chardalias. Auf der Insel gibt es zwei gewaltige Feuerfronten. Der Nordteil ist mittlerweile durch die unzähligen Großfeuer fast vollständig vom Rest der Insel abgeschnitten, wie Satellitenbilder zeigen. Mehr als 2.000 Menschen mussten ihre Häuser bereits verlassen. Auch auf der Halbinsel Peloponnes und auf Kreta toben weiterhin unkontrollierte Brände.

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Hilfe im Kampf gegen die Flammen wird in Griechenland dringend benötigt.
Foto: REUTERS/Stringer

Am Sonntag kam es zu einem Zwischenfall: Ein kleines griechisches Löschflugzeug vom Typ PZL musste wegen eines Motorschadens auf der Insel Zakynthos notlanden. Der Pilot sei wohlauf, berichtete der Sender ERT. Die Löschflugzeuge sind in Griechenland seit gut einer Woche im Einsatz – solange es Tageslicht gibt. Nachts versuchen Techniker die Maschinen wieder einsatzbereit zu machen, wie es in dem Bericht heißt.

Naturschutzgebiete in Italien bedroht

Auch in Süditalien sind die Sorgen groß. "Ein weiteres Mal befinden sich die geschützten Naturareale im Würgegriff verheerender Brände", erklärte der Präsident des Verbands für Parks und Naturreservate (Federparchi), Giampiero Sammuri. Betroffen seien der Aspromonte-Nationalpark in Kalabrien und der Parco delle Madonie östlich der sizilianischen Hauptstadt Palermo. Federparchi forderte, das Überwachungs- und Brandschutzsystem zu verbessern.

Die italienische Zivilschutzbehörde entsendet weitere Verstärkung in die stark von Waldbränden betroffene Region Kalabrien. Ministerpräsident Mario Draghi habe dafür ein entsprechendes Dekret unterschrieben, teilte die Katastrophenschutzbehörde am Sonntagabend mit. Durch das Dekret kann sich die Zivilschutzbehörde nun darum kümmern, Freiwillige und andere Einheiten zur Unterstützung der Löscharbeiten zu entsenden.

Aus Kalabrien kamen der Behörde zufolge am Sonntag acht Anfragen für Löschflugzeuge. Dort brannte es unter anderem im Nationalpark Aspromonte. Am Rande des Parks meldete die Feuerwehr unlängst, dass ein Mann und eine Frau durch die Brände unweit des Ortes San Lorenzo ums Leben gekommen seien. Die übrigen Anfragen kamen von den Inseln Sizilien und Sardinien sowie aus den Regionen Latium, Kampanien, Molise, Umbrien, den Abruzzen und der Basilikata. Zwölf Brände wurden demzufolge unter Kontrolle gebracht oder gelöscht.

Zehn Hektar im Vesuv-Nationalpark verbrannt

Fast zehn Hektar Wald in einem Gebiet innerhalb des Vesuv-Nationalparks sind von einem Brand zerstört worden. Sechs Familien mussten vorübergehend ihre Häuser verlassen. Drei Hubschrauber und ein Canadair-Löschflugzeug wurden eingesetzt, um die Flammen unter Kontrolle zu bringen. Der Brand wütet seit Sonntagnachmittag im oberen Teil von Torre del Greco bei Neapel in einem Naturschutzgebiet. Die Flammen, die durch den Wind angefacht wurden, griffen auf mehrere Häuser über.

50 Brände waren am Sonntag allein auf Sizilien ausgebrochen. Besonders betroffen war die Gegend von Palermo. Die Flammen, die durch die hohen Temperaturen und die starken Winde begünstigt wurden, tobten vor allem in den Gemeinden Partinico und Campofelice di Fitalia. In der Provinz Palermo gab es 30 Einsätze zur Bekämpfung von Bränden in mediterranem Buschgebiet.

Evakuierungen in Campomarino Lido

Hunderte Bewohner und Touristen wurden zudem wegen Feuern um die Adria-Gemeinde Campomarino aus ihren Unterkünften gebracht. Die Behörden evakuierten am Sonntag Hotels, Campingplätze und Wohnhäuser im Ortsteil Campomarino Lido am Meer, wie die Feuerwehr am Abend mitteilte. Mehr als 400 Personen wurden demnach aus den Häusern geholt. Auf einem Video der Feuerwehr war zu sehen, wie dichter Qualm durch die Straßen zog und sich Flammen durch Büsche bis zu einem Café durchfraßen. Fotos zeigten Brände in der Nähe von Häusern. Campomarino liegt an der Adriaküste in der kleinen Region Molise, etwas mehr als 100 Kilometer südlich von Pescara. Von Verletzten berichtete die Feuerwehr zunächst nicht.

Die Feuerwehr zog unterdessen Bilanz für die bisherige Waldbrandsaison. Den Angaben zufolge zählte sie seit dem 15. Juni fast 44.500 Einsätze wegen Waldbränden. Im selben Vorjahreszeitraum waren es noch knapp 26.200. Nur im Jahr 2017 waren es zu diesem Zeitpunkt mehr. Die Zivilschutzbehörde warnte am Sonntag zudem vor weiteren Bränden bedingt durch eine nahende Hitzewelle. Diese Woche wird die heißeste des Sommers 2021 sein, mit Temperaturen, die im Süden von bis zu 48 Grad erreichen könnten, warnten Wetterexperten. Aber auch im Zentrum- und in Norditalien werden die Thermometer steigen: auf bis zu 38 Grad in Rom, Florenz und Bologna. In Italiens Süden ist es sehr trocken, und immer wieder begünstigen starke Winde die Flammen. Als Ursache für die Feuer gilt auch Brandstiftung.

Leichte Entspannung in der Türkei

Die Türkei kämpft bereits knapp zwei Wochen gegen die schwersten Waldbrände seit mehr als zehn Jahren. Mindestens fünf Brände waren am Sonntagabend nach offiziellen Angaben noch nicht unter Kontrolle, betroffen war vor allem die südwesttürkische Provinz Muğla. Am Montag beruhigte sich die Lage: Der Sprecher der Gemeinde Milas, Umut Öztürk, sagte am Montag, in der Region seien die Brände weitgehend unter Kontrolle. "Die Einsatzkräfte sind dabei, das Gelände abzukühlen."

In der Türkei ist vor allem die südwestliche Provinz Muğla betroffen.
Foto: imago images/Xinhua

Winde hatten in Muğla die Löscharbeiten erschwert. Wegen des gebirgigen und abschüssigen Geländes können Fahrzeuge das stark bewaldete Gebiet vom Land aus zudem schlecht erreichen. Löschflugzeuge und Hubschrauber warfen immer wieder Wasser ab.

Seit Beginn der Brände vor rund zwei Wochen gibt es Kritik am Krisenmanagement der Regierung, etwa, dass anfangs keine eigenen einsatzfähigen Löschflugzeuge zur Verfügung standen.

Notstand in Teilen Russlands

In Russland nimmt die Waldbrandsituation immer dramatischere Ausmaße an. Landesweit zählte die Forstschutzbehörde am Montag 242 Brände auf einer Gesamtfläche von rund 3,7 Millionen Hektar – etwas mehr als am Vortag. Ganze Dörfer und Städte versinken im Rauch. Der Qualm zieht mittlerweile bis weit in den Süden Russlands an die Grenze zur Mongolei, wie die Behörden der Republik Chakassien mitteilten.

In der besonders betroffenen Region Jakutien im Osten des Landes seien 500 weiterer Helfer hinzugekommen, teilten die Behörden am Montag mit. Mehr als 4.000 Menschen sind damit an Ort und Stelle, um etwa zu verhindern, dass ganze Dörfer abbrennen. Im Einsatz seien auch mehrere Löschflugzeuge. Zwar könnten einzelne Feuer gelöscht werden, aber die Situation sei sehr schwierig, hieß es.

Seit Monaten gibt es in Russland Wald- und Flächenbrände. Zehn Regionen haben bereits den Notstand ausgerufen. Die meisten Feuer entstehen den Behörden zufolge durch Gewitter oder weil Menschen trotz Warnhinweisen Lagerfeuer anzünden. Bewohner der betroffenen Regionen sollten sich wegen des Rauchs möglichst wenig im Freien aufhalten und Schutzmasken tragen, hieß es. (APA, red, 9.8.2021)