Um die Impfquote zu erhöhen, solle man vor allem skeptische Frauen überzeugen, sagen Experten.

Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

Wien – Will die Politik die Impfquote steigern, muss sie auf Frauen setzen, sagen die Politikwissenschafterin Katharina T. Paul und der Kommunikationswissenschafter Jakob-Moritz Eberl von der Universität Wien, berichtet die APA. Frauen machen nämlich einen großen Teil jener Gruppe aus, die der Corona-Impfung zwar skeptisch gegenübersteht, aber potenziell noch erreichbar ist. Durch zielgerichtete Kampagnen könnte man so auch die Impfquote bei Kindern steigern.

In Österreich lehnen 15 Prozent der über 14-Jährigen eine Corona-Impfung aus Überzeugung ab, zeigen Daten des Austria Corona Panel Project der Uni Wien, für das seit Mai 2020 jeweils 1.500 Personen regelmäßig befragt werden. Diese Gruppe zum Impfen zu bewegen sei wegen ihrer seit Beginn der Pandemie eingefahrenen Einstellungen "ganz schwierig", sagt Studienmitarbeiter Eberl.

Schleppender Impffortschritt

Insgesamt gestaltet sich der Impffortschritt in Österreich eher schleppend. Bislang haben 54 Prozent der Einwohner vollen Impfschutz, 59,9 Prozent haben zumindest eine Teilimpfung erhalten. Im Bundesländervergleich liegt das Burgenland (67,3 Prozent) bei den Vollimmunisierten an der Spitze der Statistik, gefolgt von Niederösterreich (62,7 Prozent) und der Steiermark (60,5 Prozent). Schlusslicht ist Oberösterreich mit 55,6 Prozent.

Großes Potenzial für eine Steigerung der Impfquote sieht Eberl allerdings bei jenen elf Prozent, die sich selbst grundsätzlich als impfbereit einstufen, sowie jenen fünf Prozent, die sich "eher nicht" impfen lassen wollen. Während die Impfbereiten sich in der Regel ohnehin tatsächlich immunisieren lassen, brauche es für die "Zweifler" besonders einfach zugängliche Angebote wie Impfungen im Einkaufszentrum oder speziell auf die Zielgruppe ausgerichtete Informationskampagnen.

Frauen mehr Beachtung schenken

Dabei sollte der Fokus allerdings nicht auf den ohnehin nicht erreichbaren impfskeptischen Männern aus dem rechten politischen Spektrum liegen, sind sich Paul und Eberl einig. Auch Bildung sei bei der Impfwahrscheinlichkeit nicht entscheidend, "deshalb ist auch Kommunikation – also Aufklärungskampagnen – nur bedingt wirksam", so Paul. Vielmehr solle man der Gruppe der Frauen besondere Beachtung schenken.

Diese sind nämlich, wenn man die Gruppe der unerreichbaren Impfskeptiker beiseitelässt, deutlich zurückhaltender bei der Entscheidung für eine Corona-Impfung als Männer: Im Mai zählten beim Austrian Corona Panel Project – nach Bereinigung um schwer zu ändernde Faktoren wie etwa Alter und Bildung – 23 Prozent der Frauen zur Gruppe der Impfskeptiker. Unter Männern haben damals 18 Prozent die Frage, ob sie sich ehestmöglich impfen lassen werden, (eher) verneint. Bei der Frage, ob sie ihr Kind bei Vorliegen eines für diese Gruppe zugelassenen Impfstoffs ehestmöglich impfen lassen wollen, waren zwei Drittel der befragten Frauen ablehnend oder unentschieden, unter Männern waren es 57 Prozent.

Höhere Betroffenheit, Ziel von Falschinformationen

Der Grund für die höhere Skepsis von Frauen gegenüber der Corona-Impfung laut Paul: die höhere Betroffenheit. Sie seien eher das Ziel von Falschinformationen – etwa den früh aufgetauchten Behauptungen, dass die Impfung sich auf die Fruchtbarkeit auswirke – und auch tatsächlich häufiger von etwaigen Nebenwirkungen wie Thrombosen betroffen. Letztere seien medial leider deutlich stärker kommuniziert worden als die Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit einer Thrombose bei einer Covid-Infektion deutlich größer ist als nach einer Impfung, bedauern Paul und Eberl.

Frauen waren außerdem auch schon vor Corona stärker von Impfskepsis betroffen. Als Grund vermutet Paul, dass in der Regel Frauen mit ihren Kindern zu den Vorsorgeterminen gehen und dabei Nutzen und mögliche Nebenwirkungen oder Risiken von Impfungen abwägen müssen. "Dieses Konfrontiertsein mit dieser Entscheidung macht etwas mit der impfkritischen Haltung."

Um die Impfquote unter Frauen und in weiterer Folge auch unter Kindern zu steigern, sollte deshalb anstelle von reiner Information auf einen Dialog mit den Familien gesetzt werden, bei dem sich Ärzte auch wirklich Zeit für das Beantworten von Fragen etwa über mögliche Risiken und Nebenwirkungen nehmen können. "Das Ernstnehmen der Sorgen kann einen großen Unterschied bewirken in Entscheidungen für eine Impfung, auch bei Covid." Vor allem in ländlichen Gebieten seien Hausärzte hier ein wichtiger Hebel.

Angebote werden gut angenommen

Wie gut niederschwellige Impfangebote angenommen werden, zeigte sich am vergangenen Wochenende. In Villach, wo im Zuge der sogenannten Hauskirtage zur Aktion "Sommerspritzer" aufgerufen wurde, bei der man sich ohne Anmeldung impfen lassen kann, haben allein am vergangenen Freitag rund 200 Personen diese Möglichkeit genutzt. Am Samstag waren es 100.

In Wien haben bisher knapp 1.000 Personen die Möglichkeit genutzt, sich beim Einkaufen ohne Anmeldung impfen zu lassen. Die Stadt bietet in Einkaufszentren diese Impfaktion mit dem Vakzin von Johnson & Johnson an, bei dem eine Dosis für den vollen Impfschutz ausreicht. Neben der Lugner-City nehmen das Auhof-Center und das Einkaufszentrum Riverside in Liesing an der Aktion teil, die noch bis Ende August laufen soll.

Dr. Pogo impft beim Konzert

Eine besondere Impfaktion wird es am 14. August in der Arena in Wien geben. Anlässlich des Turbobier-Konzerts wird der Arzt und Politiker Marco Pogo alias Dominik Wlazny bei dem Open Air zwischen 12 und 14 Uhr kostenlos und ohne Anmeldung Musikfans impfen. Der Bierpartei-Vorsitzende hat in Kooperation mit der Stadt Wien und Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) eine Impfstraße organisiert. Verimpft wird das Vakzin von Johnson & Johnson. Und: Es wird darauf hingewiesen, dass es in Kombination mit Alkohol zu Wechselwirkungen kommen kann.

Während man sich noch den Kopf darüber zerbricht, wie man möglichst viele Menschen zum Erststich bewegt, hat das Gesundheitsministerium bereits eine Studie zur Auffrischung mit dem dritten Stich in Auftrag gegeben, wie Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung Impfwesen, im Ö1-"Morgenjournal" erklärte. Momentan gehe man davon aus, dass durch die Erst- und Zweitimpfung für die breite Bevölkerung eine Schutzwirkung von mindestens neun Monaten gegeben ist.

Die vorliegenden Daten zu Impfdurchbrüchen und Mutationen würden zeigen, dass die Impfungen durchwegs sehr gut wirken, so Paulke-Korinek. Für immunsupprimierte Patienten mit erhöhtem Infektions- und Erkrankungsrisiko werde allerdings bereits eine entsprechende Testung auf neutralisierende Antikörper empfohlen. Generell werde man mit jenen Risikogruppen, die im Jänner und Februar zuerst geimpft wurden, auch den dritten Durchgang beginnen. (red, APA, 9.8.2021)