"Bitte Auto laden", prangt es in gelben Buchstaben auf dem Display hinter dem Lenkrad. Daneben die Restkilometer: 40. Meiner Beifahrerin sage ich davon nichts, ich will sie nicht verunsichern. Denn auch ich bin mir nicht sicher, ob wir es zur Zwischenladung schaffen. Behutsam beschleunigen, die Batterie entlasten. Wir schaffen es in das Industriegebiet in Eugendorf, kurz vor Salzburg. Die Ladesäule ist frei, alles ist gut.

Zwar etwas bullig, aber definitiv ein Eyecatcher, auch aufgrund des futuristischen Liniendesigns: der Enyaq.
Foto: Stockinger

Lange wurde der Škoda Enyaq herbeigesehnt, nun ist er endlich da. Ich habe ihn mir als Reisemobil für einen Abstecher nach Tirol geschnappt. Zugegeben, ein bisschen Verunsicherung war am Anfang dabei. Wie gut funktioniert ein E-Auto auf längeren Strecken?

Foto: Stockinger

381 Kilometer liegen zwischen Wien und dem kleinen Örtchen Söll. Eine Strecke, die der Enyaq laut Herstellerangaben in einer Tour schaffen sollte. Gibt man das Ziel allerdings ins Navigationssystem ein, heißt es: Fahrzeit von rund fünf Stunden. Der Enyaq plant automatisch einen Stopp ein. Wie oben bereits erwähnt in Eugendorf. Praktisch, er rechnet die Ladezeit gleich in die Reisezeit mit ein.

Die Kilometer bis dahin sind eine Wonne. Ich schalte den Eco-Modus an (Maximalgeschwindigkeit: 130 km/h), um die Batterie zu schonen. Trotzdem sehe ich, wie die Reichweite bei Autobahntempo fast bedrohlich schnell runtertickert. Jetzt verstehe ich, warum der Zwischenstopp notwendig ist. Eine Nonstopfahrt nach Söll geht sich nicht aus.

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Doch auch vom Komfort her ist der Enyaq super. Als Fahrer hat man eine fantastische Übersicht, genug Beinfreiheit, und das Fahrverhalten kann man getrost als unaufgeregt bezeichnen. Lediglich der Spurhalte-Assistent meldet sich hie und da zu ruckartig und will den Kurs eigenhändig ändern. Kann man aber auch ausschalten.

In Eugendorf angekommen, schließen wir den Enyaq an den Strom an. 50-kW-Verteiler, Ladezeit bis 100 Prozent: circa 50 Minuten. Gut, das Industriegebiet kurz vor Salzburg ist nicht allzu attraktiv, aber wir vertreiben uns die Zeit mit einem Spaziergang zur nächsten Tankstelle samt Melange. Und wir stellen uns die Frage: Was wäre gewesen, wenn die Ladestation besetzt gewesen wäre?

Zum Glück war die Ladesäule im Industriegebiet frei.
Foto: Pollerhof

Pause am Kebab-Stand

"Den Zustand der Belegung erkennt das Navigationssystem nur, wenn das Auto online ist und die Ladestation diesen Service auch unterstützt. Diese Daten werden nicht mit anderen Usern geteilt, somit gibt es aktuell keine Info über deren zukünftige Belegung", heißt es bei Škoda. Also Glück gehabt.

Foto: Stockinger

Mit der nun wieder vollen Batterie geht auch die restliche Fahrt bis nach Söll über das große deutsche Eck ohne Probleme vonstatten. Meine Beifahrerin schläft kurz hinter Salzburg ein, für mich als Fahrer das größte Kompliment, aber auch dem großzügigen Platzverhältnis des Enyaq geschuldet. Sie ist 1,63 Meter groß und kann sich regelrecht auf dem Sitz zusammenkugeln.

Das Einzige, was die Batterie an ihre Grenzen bringt, ist, wie vorhin angedeutet, die Autobahn. Landstraßentouren, wenn auch kürzere, verkraftet die Reichweite ohne Probleme, meist kann man mit vorausschauendem Fahren sogar noch ein paar Kilometer mehr rausholen.

Foto: Pollerhof

Bevor die Heimreise angetreten wird, stehen 330 Kilometer auf dem Tacho, die habe ich nicht an der Steckdose, sondern an öffentlichen Ladestationen nachgetankt. Diesmal reisen wir zu dritt, der Kofferraum reicht aus, um drei Taschen und drei Rucksäcke zu verstauen. Wir laden eine Freundin in Linz aus, unser Ladestopp ist diesmal in St. Valentin, gleich dahinter. Wieder werden 50 Minuten angezeigt, wir setzen uns zu einem Kebab-Stand. Ob das mit einem Verbrenner schneller gegangen wäre? Vielleicht. Aber eine Fahrpause wäre so oder so angebracht gewesen, und Hunger hatten wir auch.

Auf der Rückfahrt: Ladestopp in St. Valentin.
Foto: Pollerhof

Schade ist, dass der Enyaq die Ladezeiten immer so berechnet, dass er gern vollgeladen wird. Es gibt keine Option, zumindest haben wir sie nicht gefunden, um dem Auto zu sagen, man möchte schnellstmöglich heim, also bitte nur so viel laden wie nötig. Ist wohl ein Erfahrungswert.

Wieder in Wien angekommen, stehen 200 Kilometer auf dem Display. Die Angst, Reisen könnten sich mit E-Autos nicht ausgehen, habe ich abgelegt. Die Dinger sind intelligent. Wenn man macht, was sie sagen, passt das. Auch wenn das "Bitte Auto laden" noch so gefährlich blinkt. (Thorben Pollerhof, 10.8.2021)