Lisa Totzauer ist Channelmanagerin von ORF 1. Sie hat sich um den Job als ORF-Generaldirektorin beworben.

Foto: Irene Kerrhaler-Moser

DER STANDARD hat Medienexpertinnen und -experten, Medienwissenschafter und -wissenschafterinnen, Medienpolitikerinnen und -politiker und auch Bewerber und Bewerberinnen um möglichst konkrete Ideen, Vorstellungen und Vorschläge für einen idealen ORF gebeten.

Lisa Totzauer, Channelmanagerin von ORF 1, hat sich um den Job als ORF-Generaldirektorin beworben:

"'Remember, with great power comes great responsibility.' – 'Spider Man', 2002

Die Medien als vierte Macht im Staat haben seit jeher die Aufgabe, die anderen drei auf Missstände aufmerksam zu machen, weil auch wir nicht fehlerfrei sind. Das macht uns für die anderen drei Mächtigen einigermaßen 'lästig', aber bitter nötig. Wir sind das Salz in der Suppe und die mediale Daseinsvorsorge einer demokratischen Gesellschaft. So wie wir nicht in die anderen drei Mächte hineinregieren sollen (und das auch gar nicht können), so mögen sie dies auch nicht bei uns tun. Denn diese Balance ist prekär.

Kommen wir zum ORF: Um unserer Aufgabe möglichst objektiv nachkommen zu können, braucht es innere und äußere Unabhängigkeit, also einerseits Binnenpluralismus in starken, selbstbewussten Redaktionen und andererseits eine sichere Finanzierung möglichst frei von Staatseinfluss. Und es braucht Personalentscheidungen, die frei von politischen Zurufen passieren.

MyORF2026

Am 10. August möge der Stiftungsrat wie im ORF-Gesetz vorgesehen einen weiteren Schritt in diese Richtung setzen. Und wie sehen wir fünf Jahre später aus? MyORF2026 ist ein starker, multimedialer Anbieter österreichischer Inhalte auf allen relevanten Kanälen und Plattformen. Um gegen die internationale Konkurrenz bestehen zu können und weil es unser Kernauftrag ist, haben wir mehr Österreich und mehr Regionalität in unserem Programm, ohne den Blick auf Europa und die Welt zu vergessen. Unser Korrespondentennetz und die Landesstudios sind stärker als je zuvor, hierfür schlägt mein Herz als Journalistin besonders.

In der digitalen Revolution müssen wir uns ständig verändern, um relevant zu bleiben. Diese Veränderung müssen wir auch in unseren Programmen, der Produktion und Arbeitsweise unserer Belegschaft abbilden. Dafür müssen wir nicht nur unsere MitarbeiterInnen zukunftsfit machen, sondern als journalistische Ausbildungsstätte für ganz Österreich zur Verfügung stehen. Denn nur ein Schulterschluss aller heimischen Medienanbieter gibt uns eine Chance, gemeinsam gegen die technologische und finanzielle Herausforderung aus dem Ausland zu bestehen.

ORF für alle

Der 11. August 2021 kann der erste Tag auf dem Weg in diese neue, gemeinsame Zukunft sein. MyORF2026 ist ein ORF, den wir alle schätzen, weil er uns allen gehört, wir uns dort heimisch fühlen und er uns alle abbildet. MyORF2026 findet uns digital dort, wo wir sind, damit wir ihn nicht mehr in der großen Zahl an medialen Angeboten suchen müssen. Auch im ORF ist es 'Zeit für Neues', faktenbasiert mit kompetentem Journalismus unabhängig von Politik, Geschlecht, Herkunft oder Hautfarbe – denn wir alle sind ORF.

Es kann kaum treffender formuliert werden, als es das deutsche Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Gebührenerhöhung diese Woche getan hat: In Zeiten 'vermehrten komplexen Informationsaufkommens einerseits und von einseitigen Darstellungen, Filterblasen, Fake-News, Deep Fakes andererseits' wächst die Bedeutung des beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Sender sollten die Wirklichkeit durch 'authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten', unverzerrt darstellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund rücken. MyORF2026 kann das." (red, 10.8.2021)