Vor ziemlich genau 52 Jahren, am 21. Juli 1969, betraten die Nasa-Astronauten Neil Armstrong und Edwin "Buzz" Aldrin im Rahmen der Mission Apollo 11 als erste Menschen den Mond. Sie waren nicht nur Pioniere der Raumfahrt, sondern auch der Fotografie. Unter ihren berühmtesten Aufnahmen vom Mond ist jene, die Aldrin vor der gehissten US-amerikanischen Flagge zeigt. Lange dürfte die Flagge aber nicht überdauert haben: Wie Aldrin später berichtete, wurde sie von den Raketendüsen umgeweht, als er mit Armstrong in der Aufstiegsstufe der Mondlandefähre Eagle wieder abhob. Experten vermuten, dass der Stoff inzwischen unter den harschen Bedingungen auf der Mondoberfläche weitgehend zerfallen ist.

Buzz Aldrin im Juli 1969 vor der US-Flagge auf dem Mond.
Foto: Nasa

Andere Hinterlassenschaften der Mission Apollo 11 sind dagegen bis heute mehr oder weniger unverändert auf dem Erdtrabanten verblieben, etwa ein Laserreflektor, der präzise Entfernungsmessungen zwischen Erde und Mond ermöglicht. Auch die Abstiegsstufe des Mondlanders wurde an Ort und Stelle zurückgelassen und befindet sich bis heute dort. Aber was ist mit der Aufstiegsstufe, also jenem Teil der Mondlandefähre, die Armstrong und Aldrin wieder zurück in eine Mondumlaufbahn brachte, wo sie für den Heimflug an die Apollo-Kommandokapsel andockten?

Zweifel an Crash

Sie wurde im Mondorbit zurückgelassen und sollte später irgendwann, so die Annahme der Nasa-Ingenieure, auf den Mond stürzen. Dass das wirklich passiert ist, zweifelt James Meador vom California Institute of Technology nun an: Seine Datenanalysen und Berechnungen haben ergeben, dass dieser Teil des Eagle nach wie vor um den Mond kreisen dürfte.

Rückflug im Eagle: Die Aufstiegsstufe der Mondlandefähre mit Aldrin und Armstrong an Bord auf dem Weg zur Kommandokapsel.
Foto: Nasa

Ausgangspunkt für Meadors Untersuchung war die Frage, ob sich der genaue Absturzort der berühmten Aufstiegsstufe lokalisieren ließe. Bei der letzten bekannten Sichtung befand sie sich auf einer Bahn rund 125 Kilometer über der Mondoberfläche. Mithilfe von Daten der 2011 gestarteten Nasa-Mission Grail (Gravity Recovery and Interior Laboratory), die aus zwei Sonden bestand und das Schwerefeld des Mondes genau vermaß, versuchte der Forscher, das Ende des Apollo-11-Relikts nachzuvollziehen. Meador berücksichtigte die bekannten Parameter des historischen Missionsverlaufs ebenso wie äußere Einflüsse durch Sonne und Planeten.

Stabile Umlaufbahn?

Die Simulationen brachten ein überraschendes Ergebnis, wie Meador in seiner vorerst auf dem Preprint-Server arXiv veröffentlichten Studie berichtet: Der Eagle ist demnach gar nicht gecrasht, sondern befindet sich nach wie vor auf einer stabilen Umlaufbahn. "Er ist mehr oder weniger dort, wo er vor 52 Jahren zurückgelassen wurde", sagte Meador. Im Oktober sollen seine Resultate im Fachblatt "Planetary and Space Sciences" erscheinen.

Das Abstiegsmodul des Eagle steht nach wie vor auf dem Mond. Was wurde aus dem zweiten Teil der Landefähre?
Foto: Nasa

Der Forscher räumt ein, dass die Aufstiegsstufe auch durch andere Faktoren verlorengegangen sein könnte: Theoretisch wäre es möglich, dass der im Vehikel verbliebene Treibstoff irgendwann explodierte und der Eagle dadurch zerstört und seine Bruchstücke in andere Umlaufbahnen geschleudert worden sind. Allzu schwierig wäre das Rätsel um das Schicksal der Fähre aber vielleicht gar nicht zu lösen, meinte Meador: Wenn sie tatsächlich noch ihre Bahnen um den Mond zieht, sollte sie für die Nasa relativ leicht zu finden sein.

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Warten auf die Pioniere: Michael Collins, der "dritte Mann" der Apollo-11-Mission.
Foto: AP

Umtriebiger Astronaut

Für zwei Teilnehmer der berühmten Mondmission Apollo 11 käme die Entdeckung zu spät: Neil Armstrong, der bekannteste Missionsteilnehmer, starb 2012 im Alter von 82 Jahren. Michael Collins erlag erst im April 2021 90-jährig einer Krebserkrankung. Er hatte als ewige Nummer drei den wohl undankbarsten Job der Raumfahrtgeschichte: Während Armstrong und Aldrin mit dem Eagle auf dem Mond landeten und damit Geschichte schrieben, drehte Collins in der Kommandokapsel Columbia Warteschleifen um den Mond, um seine Kollegen später wieder einzusammeln. Er selbst äußerte sich aber stets zufrieden: "Ich habe mich als Teil dessen gefühlt, was auf dem Mond passierte", sagte Collins einmal. "Ich weiß, dass ich ein Lügner oder Blödmann wäre, wenn ich sagen würde, dass ich den besten der drei Sitze von Apollo 11 hatte, aber ich kann ehrlich sagen, dass ich zufrieden mit dem bin, den ich hatte."

Aldrin, der letzte lebende Missionsteilnehmer, dürfte sich für den Verbleib des Eagle interessieren: Inzwischen 91 Jahre alt, zeigt er sich nach wie vor gern von seiner abenteuerlustigen Seite. Vor fünf Jahren stellte er wieder einmal einen Rekord auf: Er reiste als 86-Jähriger und damit als bisher ältester Mensch zum Südpol. (David Rennert, 10.8.2021)