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Immer gern gesehen: Fotos mit Gadsen.

Foto: AP

Man muss den Menschen trotz allem immer wieder Hoffnung geben. Beim heutigen Thema gilt vorab das Durchhalten: Die Hoffnung stirbt zuletzt! Für das Jahr 2023 wird jedenfalls ein Spielfilm mit den alten Helden aus Kindertagen und daheim dem ersten Farbfernseher zu den Olympischen Sommerspielen in München 1972 angekündigt. Erinnert sich jemand mit damaligem Empfang deutscher Sender an den dauergrantigen Karl den Kojoten und den immer gutgelaunten Road Runner?!

Grundsätzlich enden die Mordversuche des Kojoten am rasend schnellen Laufvogel ("Beep-beep!") in Katastrophen für ihn selbst. Diverse Mordinstrumente wie explodierende Tennisbälle, sehr gern Wurfambosse oder Gummibänder auf der Wüstenstraße zur Hölle wenden sich gegen das unselige Hundsviech. Nächstes Jahr feiern das Duo und seine Kurzfilm-Cartoons ungefähr ihren Siebziger.

Jetzt die schlechte Nachricht: 80 sind hingegen schon deren unmittelbare Vorbilder Tom und Jerry im Vorjahr geworden. Im Alter wird bekanntlich nicht vieles besser, außer die diesem unterstellte Milde. Die Pandemie konnte den Gründervätern des Sadomaso-Comic-Genres mit Tötungsabsicht 2020 interessanterweise nichts außer einem verspäteten Kinostart anhaben.

Nihilismus für die Generation Schneeflöckchen

Die jetzt erst für das Kino vom originalitätsunauffälligen Popcornregisseur Tim Story (Fantastic Four, 2005) im Langfilmformat ausgewalzte Cartoonserie um einen sympathisch schlechtgelaunten Kater Tom und eine sich wie ihr Kollege Mickey immer schon als pfiffige blöde Sau entpuppende Maus Jerry wurde allerdings in Tom & Jerry 101 Minuten lang ordentlich heruntergefahren. Der Generation Schneeflöckchen werden in einer Mischung aus Real- und Trickfilm nicht länger die heitere Zerstörungswut und der blanke Nihilismus der guten alten Zeit zugestanden.

Warner Bros. DE

Während einer durchaus gutgemeinten Hetzjagd im Zuge einer Prominentenhochzeit in einem New Yorker Nobelhobel verkommen die beiden Psychopathen noch dazu zu Nebenfiguren in einem sonst mit real existierenden Schauspielern bespielten Drehbuch aus dem Hause Flach & Läppisch. Wie Katz und Maus funktioniert jedenfalls gar nichts. Was soll man auch von einer klavierspielenden Katze halten, deren größter Traum im Film ist, einmal gemeinsam mit US-Schmusepopper John Legend aufzutreten?!

Schmusen und Gewalt

Okay, Schmusepop und der unmittelbare Wunsch, exzessive Gewalt gegenüber einer feindlich gesinnten Umwelt auszuüben, das mag vielleicht plausibel klingen. Meist erweisen sich ja die scheinbar sanftesten Typen am Ende als die wirklich knallharten Digger. In diesem Film aber kommt der dringende menschliche Wunsch, sich einfach einmal über Stellvertreter auf der Leinwand abreagieren zu können, viel zu kurz.

Tom & Jerry soll ein Familienfilm sein. In Wahrheit werden ihn heimlich ältere Leute schauen, denen auch die ZDF-Cartoonserie Schweinchen Dick noch etwas sagt. Das Olympiajahr 1972. Unvergessen. Damals wurde daheim im Fernseher auch in Aktenzeichen XY … ungelöst Krieg gegen das Böse in der Welt geführt. Ab 12. 8. im Kino

(Christian Schachinger, 10.8.2021)