Einem Gartenzwerg ist das Innenleben eines fahrbaren Untersatzes wohl einerlei, Camper lassen hingegen für Komfort einiges an Geld springen.

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Rein ins Auto und raus in die Freiheit. Fahren, fahren, fahren, vieles sehen, noch mehr erleben, irgendwo stehen bleiben, Handbremse ziehen und Augen zu. Die Matratze liegt immerhin nicht einmal einen Meter entfernt. Es klingt leicht, unbeschwert und nach dem Urlaubs- und zuweilen sogar nach dem Lebenstraum so mancher Österreicherinnen und Österreicher. Zumindest den Jungen, der Generation Z, wird die Sehnsucht nach mobilem Wohnen attestiert.

Die Aussteigeridee dürfte im Mainstream angekommen sein. Wohl nicht zuletzt dank der Unwägbarkeiten während der Corona-Monate. Diesen Schluss lassen zumindest die Zahlen der Statistik Austria zu: Im Mai erreichten die Neuzulassungen für Wohnmobile in Österreich ein Rekordhoch von 628. Zum Vergleich: Im Mai 2020 lag dieser Wert bei 353, im Jahr 2017 noch bei 229 Neuzulassungen.

Teures Vergnügen

Wer sich mit dem Gedanken trägt, ein Leben in einem mobilen Zuhause zu führen, muss allerdings tief in die Tasche greifen. Laut dem Österreichischen Camping Club (ÖCC) geben Camperinnen und Camper derzeit durchschnittlich 50.000 bis 100.000 Euro für das gewünschte Modell aus. Die Frage nach den Quadratmetern steht bei einem Wohnmobil nicht im Vordergrund, heißt es seitens der Hersteller. Was zählt, sind Länge, Höhe und Gewicht. Letzteres ist besonders entscheidend. Denn der B-Führerschein gilt für maximal 3,5 Tonnen, und dazu gehören nicht nur das reine Gewicht des Autos, sondern auch die Insassen – plus Gepäck. Das Gewicht ist auch für Maut und Fährgebühren ausschlaggebend.

Wer ein Wohnmobil kaufen möchte, muss sich neben dem Verbrauch auch mit den Versicherungskosten und Steuern auseinandersetzen. Seit Jänner 2021 gilt eine neue Berechnungsmethode der motorbezogenen Versicherungssteuer (MBV). Neben der Motorleistung wird auch der CO₂-Ausstoß berücksichtigt. Wegen ihres höheren Gewichts verur sachen Wohnmobile einen vergleichsweise hohen CO₂-Ausstoß, das findet auch bei der Berechnung der beim Kauf anfallenden Normverbrauchsabgabe (NoVa) seinen Niederschlag.

Alles im Kasten

Was sind nun die Objekte der Begierde? Laut ÖCC sind voll ausgestattete Kastenwägen stark nachgefragt. Sie seien zwar nicht preiswerter als die klassischen Wohnmobile, dafür aber kompakter und wendiger. Wer also plant, häufig pittoreske Städtchen mit engen Gassen anzusteuern, setzt gern auf ein solches Modell. Was die Hersteller der Camper betrifft, so stehen die Modelle von Volkswagen an der Spitze. Fast die Hälfte, nämlich 1208 von 2628 neu angemeldeten Wohnmobilen von Jänner bis Juni 2021, wurden vom deutschen Autoriesen gefertigt. Auf Platz zwei liegt Fiat mit 824, gefolgt von Citroën mit 333 Anmeldungen.

So mag es auch nicht verwundern, dass das größte VW-Bus-Zentrum Europas seinen Sitz in Österreich hat – in Reutte in Tirol. Seit sich der dort ansässige Autohändler Schweiger 2016 entschieden hat, auf den Vertrieb der VW-Modelle zu setzen, konnten die Reuttenerinnen und Reuttener zusehen, wie sich immer mehr Parkplätze mit Modellen mit verheißungsvollen Namen wie California Beach gefüllt haben. Derzeit stünden 300 Fahrzeuge zur Auswahl bereit, sagt Geschäftsführer Simon Schweiger. Und dass die Autos nach maximal zwei Monaten verkauft seien.

Geldsorgen dürften die Kunden nicht plagen. Laut Schweiger geben sie durchschnittlich 55.000 Euro für einen VW-Bus aus. Auch er bestätigt, dass Corona den Traum vom Ausstieg befeuert: "Die Nachfrage boomt. Durch Corona ist es schwieriger, in Hotels Urlaub zu machen, deshalb beschäftigen sich viele erstmals mit dem Thema Camping."

Kein Mangel

Die Industrie könne die Nachfrage bedienen, obwohl Autohersteller momentan weniger bauen. Letzteres liege vor allem am allerorts spürbar gewordenen Rohstoffmangel und den brüchig gewordenen Lieferketten. So mancher müsse sich allerdings in Geduld üben. "Wer einen California Beach bestellt, muss mit einer Wartezeit von zehn Monaten rechnen", sagt Schweiger.

Auch mit dem Busausbau lässt sich Geld verdienen. Während die größte Campingmesse Österreichs in Wels im Oktober bereits angekündigt hat, dem sogenannten Van-Life einen Schwerpunkt zu widmen, begründen Start-ups darauf ihre Geschäftsidee. Der Tiroler Campingausrüster Brome Van-Camping etwa hat im Februar einen Möbelsatz auf den Markt gebracht, der individuell angefertigt und innerhalb weniger Stunden ein- und ausgebaut werden kann, wie es heißt. Kostenpunkt für das "Allrounderset" mit Küche, Bett und Stauraum: 12.768 Euro. "Seit Februar haben wir insgesamt 25 kleinere und größere Aufträge bearbeitet", sagt Gregor Schwärzler, der das Unternehmen gemeinsam mit Peter Tschallener gegründet hat. Der Reise in die Freiheit steht also allenfalls der Blick auf das eigene Bankkonto im Weg. (Julia Beirer, 10.8.2021)