Die Frage nach dem Impfstatus ist in WGs nur bei begründetem Interesse vertretbar, meinen Expertinnen.

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"Suche ungeimpfte WG." Der Screenshot dieser Wohnungsannonce sorgte jüngst auf Twitter für Aufregung – und für Diskussionen: Wie läuft das in Zukunft bei der Wohnungssuche ab? Darf man potenzielle Mitbewohner nach ihrem Impfpass fragen?

Vor kurzem erst sorgte ein Hotelier in Australien für Schlagzeilen, der ein bereits geimpftes Pärchen nicht in sein Hotel gelassen hat. "Ich akzeptiere geimpfte Gäste nicht. Diese können nicht geimpfte Gäste anstecken, was zu schlimmen Reaktionen führen kann. Der Impfstoff wurde noch viel zu wenig getestet, und ich möchte meine anderen Gäste schützen", schrieb er seinen anreisenden Gästen – und verdrehte damit jegliche epidemiologische Wahrheit.

Dass der Impfpass derartig missinterpretiert wird, dürfte die Ausnahme bleiben. Aber wie sieht es andersherum aus? Darf man Ungeimpften das WG-Zimmer ausschlagen? Urteile dazu fehlen noch. Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Mietervereinigung Wien, sagt aber, die Frage sei nur bei begründetem Interesse stellbar, "weil beispielsweise in einer Wohngemeinschaft eine Risikoperson lebt oder die Mehrheit der Mitbewohner im Gesundheitswesen tätig ist". Darüber hinaus müssten Fragen zum Gesundheitszustande nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden.

Gesundheitsschutz gegen Datenschutz

Gleichzeitig wird mit der Frage auch das Thema Diskriminierung angeschnitten, schließlich würde man mit einem solchen Auswahlverfahren eine gewisse Personengruppe ausschließen.

Ines Grabner von der Gleichbehandlungsanwaltschaft sieht darin aber kein Problem: "Das Gleichbehandlungsgesetz ist nur auf Diskriminierungen beim Zugang zu Wohnraum anzuwenden, die aufgrund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit erfolgen. Die Frage nach dem Impfstatus ist demnach nicht vom Geltungsbereich erfasst."

Aber auch sie bestätigt, dass man im Endeffekt auf eine Güterabwägung abzielen dürfte: Gesundheitsschutz gegen Datenschutz. Hier spielen auch wieder die bereits vorhandenen Mitbewohner eine Rolle. Gilt davon jemand als Risikoperson, könnten Urteile zugunsten des Gesundheitsschutzes der Wohngemeinschaft ausfallen.

Situation am Arbeitsmarkt

Ähnlich steht es auch um die Situation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Laut Wirtschaftskammer Österreich ist die Frage nach dem Impfstatus bei Betrieben erlaubt, bei denen "der Gesetzgeber das Betreten der Arbeitsstätte nur jenen erlaubt, die einen negativen Covid-19-Test vorweisen können (zum Beispiel Krankenanstalten, Alten- und Pflegeheime sowie stationäre Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe)". Hier würde also auch der Gesundheitsschutz über dem Datenschutz liegen.

Ob die eingangs erwähnte ungeimpfte WG gefunden wurde, ist nicht bekannt. Die Zukunft wird zeigen, inwieweit die Frage nach der Impfung bei potenziellen Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern überhaupt gestellt werden darf. (Thorben Pollerhof, 28.8.2021)