Das Finanzamt bzw. die zuständigen Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen seien kaum zu erreichen, klagen manche.

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Der Umbau der Finanzverwaltung zum "Finanzamt Österreich" ist ein Projekt, das auch die Bürger und Bürgerinnen betrifft. Eines der Ziele ist es, Steuerzahlern, ihren Dienstleistern und den in der Finanzverwaltung beschäftigten Mitarbeitern das Leben zu erleichtern. Man wolle die Arbeit auf die einzelnen Dienststellen besser verteilen und die Effizienz verbessern, sagte der damalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), als er das Projekt 2018 vorstellte.

Nun dürften die Ziele nicht leicht zu erreichen sein. Zumindest lassen verschiedene Erfahrungsberichte den Schluss zu, dass der Umbau nicht reibungslos vonstattengeht. Eines der Probleme: Eine Hotline, die kein heißer Draht zu kundigen und auskunftsfreudigen Mitarbeitern des Finanzamts ist, sondern ganz im Gegenteil, der Draht ins Nirgendwo.

Chaos in der Finanzverwaltung

Ingrid Göschl ist selbstständige Bilanzbuchhalterin. Sie hat berufsbedingt viel mit dem Finanzamt zu tun, erledigt für ihre Klienten und Klientinnen Firmenumgründungen, kümmert sich um Ratengesuche oder um kleinere Korrekturen, etwa wenn ein Kunde bei der Kammerumlage das erste anstelle des zweiten Quartals in seinem Onlineformular ausfüllt. In jüngerer Vergangenheit hat sie mit all dem Probleme. "Es ist ein Riesenchaos", sagt Göschl.

Ruft sie die österreichweit gültige Telefonnummer 050 233 23 30 an und landet in der Warteschleife, so weiß sie mittlerweile die Auskunft zu deuten. Heiße es, dass mit einer Wartezeit von über fünf Minuten zu rechnen sei, bedeute dies erfahrungsgemäß, dass überhaupt nicht abgehoben würde. Griff sie früher zum Telefonhörer, um mit dem zuständigen Sachbearbeiter kleinere Fehler ihrer Klienten auszumerzen, sei dieser Weg seit geraumer Zeit verwehrt.

Am Ende zur Post

Das Finanzamt sei seit Wochen nicht erreichbar. Sei von einer Wartezeit von fünf Minuten die Rede, bleibe es dabei nie. Im Gegenteil. Da werde abgenommen und gleich wieder aufgelegt. Hoffnungen könne sie sich bei drei Minuten ausrechnen. Weil auch die Faxnummer klammheimlich erneuert worden sei, sei sie mit Botschaften an die Sachbearbeiter sogar schon zur Post gegangen.

Dass es sich dabei um mehr als einen Einzelfall handelt, zeigt der Umstand, dass auch bei der Volksanwaltschaft etliche Akten dazu vorliegen, laufende Prüfverfahren, wie es bei der Behörde heißt. Es fehle an Mitarbeitern, Geld, Know-how, und das alles gleichzeitig, mutmaßt so mancher, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Ein Umbau zuzeiten der Pandemie sei wohl alles andere als eine gute Idee gewesen. Andere halten es für möglich, dass die Probleme urlaubsbedingt sind.

Digitaler Weg zum Kunden

Göschl glaubt daran nicht. Es sei wohl eher so, dass den IT-Fachleuten, die sich zu überlegen haben, wie der digitale Weg zum Kunden funktionieren soll, das Verständnis für Fachfragen wie ihre fehle. Göschl leidet nicht nur selbst. Mitleid hat sie vor allem mit jenen, die sich zu wenig auskennen, um fundierte Fragen zu stellen. Denn weitergeleitet in der Telefonzentrale würden nur jene, die in der Lage seien, profund nachzufragen. Das Problem für ihre Klienten sieht sie dort: Ist eine Kleinigkeit falsch, erfährt der Kunde das Monate später.

Göschl hat eine lange Liste an Mängeln – etwa bei der Nutzung von Finanz Online – erstellt, die ihr und den Kunden das Leben erschweren. Allein ist sie damit nicht. "Das Finanzamt strukturiert großartig (wieder einmal) um. Es gibt sowieso keine telefonischen Auskünfte mehr, ein schriftliches Bescheidverfahren kostet viel Geld und bringt in der Regel keine Rechtssicherheit für die Kunden", sagt Steuerberater Erich Wolf.

Antwort auf Standardfragen von Chatbot Fred

Beim Finanzministerium wird auf Anfrage betont, wie positiv Finanz Online angenommen werde. Immerhin könne so rund um die Uhr erledigt werden, was getan werden muss. Zudem ließen sich viele Standardfragen via Chatbot Fred klären. Ingrid Göschl tröstet das nicht. Sie hat Spezialprobleme zu klären. Im Finanzministerium ortet man aber ohnehin nur punktuell längere Wartezeiten infolge eines hohen Aufkommens an Anfragen zu manchen Zeiten. Man arbeite stets daran, diese durch interne Ressourcenoptimierung abzufedern, und bedauert. (Regina Bruckner, 10.8.2021)