Favorit Roland Weißmann bei der Präsentation der Generalskandidaten auf ORF 3.

Foto: Screenshot ORF 3

Wien – Dienstag stimmt der ORF-Stiftungsrat über fünf Bewerber für die Generaldirektion des ORF ab, mit einer Mehrheit für den türkisen Favoriten Roland Weißmann wird gerechnet. Montagabend präsentierten sich diese fünf Bewerber auf ORF 3.

Die seit dem ORF-Gesetz von ÖVP und FPÖ von 2001 offene Abstimmung im Stiftungsrat sorgte in den vergangenen Tagen für Diskussionen, die letzte Frage von ORF-3-Chefredakteurin Ingrid Thunher an alle Bewerber widmete sich diesem Thema. Favorit Weißmann dazu: "Ich würde mich vor einer geheimen Abstimmung nicht fürchten." Nachsatz: "Wenn es rechtlich möglich ist." Das ORF-Gesetz schreibt die offene Abstimmung vor.

"Man muss sich unbeliebt machen"

"Dann können wir's ja morgen machen", reagierte der amtierende ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz darauf nach seiner Präsentation. Sein Eindruck allerdings: Die Wahl sei schon "entschieden, und es ist kein ungewöhnlicher Vorgang, dass da im Vorfeld Entscheidungen fallen". Aber: "Es gehört schon auch dazu, dass man morgen die Chance hat, den Stiftungsräten ein Konzept zu präsentieren, die dann frei und unabhängig zu entscheiden haben."

Wrabetz stieg gleich nach Weißmanns Präsentation ein mit Hinweisen auf den Umgang mit der Politik: "Man muss sich unbeliebt machen" in dem Job. "Wir sind nicht Lautsprecher einer Regierungspropaganda und auch nicht Kampfplattform der Opposition. Die ORF-Information muss anecken – bei allen", sagte Wrabetz, "das gilt es auch auszuhalten."

Deshalb sei es bei der Bestellung des Generals "so wichtig, dass hier nicht einmal der Anschein erweckt wird, dass sich die Regierung die Führung dieses Unternehmens aussucht".

Totzauer appelliert

Ein Losentscheid sah ORF 1-Channelmanagerin Lisa Totzauer als erste Vortragende vor. Dabei hatte sie wie die anderen Kandidaten 15 Minuten Zeit, um dem ORF-Publikum ihre Ideen näher zu bringen. Sie betonte erneut, dass sie dem ORF, dem Publikum und der Unabhängigkeit verpflichtet sei. Sie hob den Stellenwert der Regionalisierung – wie es alle anderen Kandidaten tun sollten – hervor und pochte darauf, Pluralität abzubilden, um glaubwürdig zu sein.

Am Ende wandte sie sich an die 35 Stiftungsräte, die morgen, Dienstag, in offener Abstimmung darüber entscheiden, wer ab 2022 an der Spitze des ORF stehen wird. "Ich vertraue darauf, dass alle nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden werden und keinem Druck nachgeben, wie es in den letzten Tagen medial kolportiert wurde." Ob sie für eine geheime Wahl im Stiftungsrat sei?, fragte Ingrid Thurnher. "Die Stiftungsräte sind unabhängig und wenn sie sich als solches betrachten, kann sie auch offen sein", meinte die ORF 1-Channelmanagerin.

Prantner mit weniger Direktionen

ORF-Technik-Vizedirektor Thomas Prantner referierte sein Alleinstellungsmerkmal: die Reduktion der zentralen Direktionen auf drei Stück sowie den Abbau von Führungspositionen. Das bringe mehr finanziellen Spielraum, so der Bewerber. Die GIS-Gebühr sei in ihrer derzeitigen Höhe "genau richtig", womit er sich auch hier von Totzauer, Weißmann und Wrabetz unterschied, die allesamt eine Erhöhung gutheißen würden.

Thoma: ORF Sport Plus nur noch streamen

Harald Thoma, der einzige ORF-externe Bewerber, der zum internen Hearing von zumindest einem Stiftungsrat eingeladen wurde, will die Gebühren in den nächsten zehn Jahren um mindestens zehn Prozent senken. Als einziger der Bewerber würde er einen der bestehenden linearen Kanäle – ORF Sport Plus – zu einem reinen Streamingkanal machen. Das Alleinstellungsmerkmal des ORF sei, Gebühren zu kassieren. (fid, APA, 9.8.2021)