Die Luftfahrt soll von der Künstlichen Intelligenz erheblich profitieren.

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An die Fertigung in der Flugzeugindustrie werden enorm hohe Sicherheitsauflagen gestellt, denn hoch beanspruchte Bauteile unterliegen sehr strengen Sicherheits- und Qualitätskriterien. Künstliche Intelligenz kann dabei unterstützen, Qualitätsmankos im Fertigungsprozess gegenzusteuern. Die Voestalpine Böhler Aerospace greift auf ein intelligentes und lernfähiges KI-System des Know-Centers zurück, wie das Grazer Kompetenzzentrum am Dienstag mitteilte.

Weltweit 200 Kunden

Hochpräzise Schmiedeprozesse sind schwierig zu beherrschen. Treten Abweichungen von der in der Produktentwicklung definierten technischen Planung auf, müssen Bauteile entweder als abweichend deklariert, nachbearbeitet oder verschrottet werden. Das ist allerdings zeit- und kostenaufwendig.

Die Voestalpine Böhler Aerospace beliefert weltweit über 200 Kunden mit Präzisions-Hochleistungsbauteilen für die Luftfahrt. Insbesondere habe man sich nach eigenen Angaben als Lieferant von hochwertigen Luft- und Raumfahrt-Gesenkschmiedeteilen aus Titan, Nickel-basierten Legierungen und Spezialstählen einen Namen gemacht. Gemeinsam mit dem Grazer Know Center entwickelt das Unternehmen in dem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderten Projekt (BrAIN) ein intelligentes und lernfähiges KI-Modell, das den Schmiedeprozess optimiert. In den kommenden fünf bis zehn Jahren soll es eine Effizienzsteigerung von 20 bis 30 Prozent und jährliche Einsparungen im zweistelligen GWh-Bereich sowie von 3.000 Tonnen CO2-Äquivalenten bringen, wie ein Sprecher von Voestalpine Böhler Aerospace gegenüber der APA schilderte.

Das selbstlernende KI-System, das aus Prozessdaten, Benutzerrückmeldungen und Simulationsdaten laufend dazulernt, soll dabei helfen einen Optimalprozess auszulegen. "Mithilfe von KI möchten wir die Ursachen für Qualitätsdefizite in der Fertigung verstehen, um diese zu vermeiden oder auftretende Abweichungen zumindest frühzeitig zu identifizieren, um in der Lage zu sein, in den nachfolgenden Prozessen entsprechend gegenzusteuern", umriss Gerhard Gerstmayr, technischer Geschäftsführer von Voestalpine Böhler Aerospace den Hintergrund der Zusammenarbeit mit dem Know Center in puncto Künstlicher Intelligenz.

Simulation im Bruchteil einer Sekunde

Um Produktionsprozesse zu simulieren, werden üblicherweise numerische Simulationsmodelle eingesetzt. Für komplexe Prozesssimulationen wie im Bereich der Schmiedeindustrie wird dafür jedoch bis zu einer Woche Rechenzeit benötigt. Neben dem Kosten- und Zeitaufwand wird dabei auch viel Energie verbraucht und die Umwelt belastet. Nach Ansicht der Data Science-Experten des Grazer Know-Center beinhalten KI-Algorithmen und Big Data für die Aerospace-Schmiedebranche ein enormes Potenzial zur Effizienzsteigerung, Prozessoptimierung und Ressourcenschonung.

"Mit hybriden Simulationsmodellen, einer Kombination aus Machine-Learning- und numerischen Modellen, können wir Simulationen im Bruchteil einer Sekunde durchführen", schilderte Roman Kern, Leiter der Area Knowledge Discovery am Know Center die Alternative. Das spare dem Unternehmen einiges an Entwicklungszeit und Kosten, wie Kern betonte. Darüber hinaus beschränken sich die Data Science- und Machine Learning-Methoden nicht nur auf Berechnungen von Vorhersagen, sondern können auch aktiv Entscheidungsvorschläge abgeben, wie Kern weiter ausführte. Mit den entwickelten Modellen werde man in der Lage versetzt, nicht nur einzelne Prozessschritte zu analysieren, sondern den Produktionsprozess in seiner Gesamtheit abzubilden.

KI liefert nachvollziehbare Vorschläge

Big Data und KI sind in der Schmiedeindustrie laut dem Grazer Kompetenzzentrum noch nicht weit verbreitet. Die hybriden Modelle können jedoch für jede Branche eingesetzt werden, in der numerische Simulationen und Sensordaten verwendet werden, zeigte sich das Grazer Forschungszentrum überzeugt. "Vor allem in sicherheitskritischen Bereichen ist es notwendig, auf neueste KI-Technologien zu setzen. Nur so sind wir in der Lage, eine technologische Weiterentwicklung sicherzustellen und dennoch die Umwelt und Ressourcen zu schonen", betonte Stefanie Lindstaedt, CEO des Know-Centers. Die KI liefere nachvollziehbare Vorschläge für Domänenexpertinnen und -experten, was wiederum das Vertrauen und die Akzeptanz von Fachpersonal in diese Hightech Methoden fördere und gleichzeitig den Marktvorsprung sichere, wie Lindstaedt weiter ausführte. (APA, 10.08.2021)