Japanische Roboterrestaurants und -cafés gehören mitunter zu den schrägsten und skurrilsten Eindrücken, die man in Tokio sammeln kann. Da schwingen sich als Roboter verkleidete Personen schon mal zu Schwertkämpfen auf. Im Gegensatz zu den bei Touristen beliebten Reizüberflutungen in den verschiedenen Tokioter Ausgehmeilen liefert die neueste Ergänzung der Robotercafé-Riege aber tatsächlich einen bleibenden Mehrwert für zahlreiche Menschen.

Der "Kellner".
Foto: Ory Laboratory Inc.

Im Dawn Café in der Region Nihonbashi wird man im Sitzbereich nämlich ausschließlich von humanoid anmutenden, 120 Zentimeter großen Robotern bedient. Gesteuert werden sie jedoch von Kellnern im Hintergrund, denen allesamt eine schwere körperliche Behinderung – etwa ALS – gemein ist. Ihnen ist jegliche Bewegung unmöglich, und sie könnten ansonsten niemals kellnern und kaum anderen Berufen nachgehen. Die vom Orii Research Institute entwickelten Roboter namens OriHime lassen sich ausschließlich mit Bewegungen der Pupille steuern und das von überall, sodass die Angestellten auch von zu Hause aus Geld verdienen können.

Die "Barista".
Foto: Ory Laboratory Inc.

Unternehmens-CEO Ory Yoshito sieht es als seine Aufgabe, seinen Beitrag zu leisten, um die "Einsamkeit in der Gesellschaft" zu eliminieren. Gerade die Covid-19-Pandemie habe erschreckend aufgezeigt, wie viele Leute einsam seien, aber auch dass Homeoffice in vielen Bereichen möglich sei. Menschen, die in ihrer Mobilität stark eingeschränkt sind, sollten auch nach Ende der Pandemie diese Möglichkeit haben, von zu Hause aus zu arbeiten und mit anderen Menschen zu kommunizieren. Alleine die indirekte Interaktion mit der Kundschaft würde vielen behinderten Menschen schon sehr viel bedeuten, sagt Yoshito.

Die Arbeitskräfte hinter den Robotern.
Foto: Ory Laboratory Inc.

Das Restaurant verfügt über drei Bereiche: eine Dinner-Area, wo Speisen aus einem fixen Menü an den Platz geliefert werden, einen Barbereich inklusive Roboter-Barista und eine Lounge-Area mit Einzelkabinen. Das komplette Café ist barrierefrei und so für mobilitätseingeschränkte Personen gut erreichbar.

Ory Laboratory

Das zunächst von mehr als 2.150 Personen crowdgefundete Café ist aber nur eine von zahlreichen Einsatzmöglichkeiten der Roboter. So können behinderte Menschen, die ihr Zimmer aus verschiedensten Gründen nicht verlassen können, auch mit den Robotern auf die ein oder andere Reise gehen und den Ausblick selbst steuern. Auch die Kommunikation an sich und sogar das Malen von Bildern nur dank Bewegung der Augen ist möglich.

Das Café.
Foto: Ory Laboratory Inc.

Der Service ist in einer alternden Gesellschaft auch für alte, bettlägerige Personen gedacht, die vielleicht nicht so viel Besuch bekommen und auf einfachem Wege mit der Außenwelt kommunizieren möchten oder auch nur die Café-Atmosphäre aufsaugen wollen. Denn auch das geht: dass man ins Café von außen reinschaut und sich wie in einem Restaurant fühlt. (faso, 12.8.2021)