Patria nostra olim provincia romana erat." Mit diesem Zitat – übersetzt "Unsere Heimat war einst eine römische Provinz" – aus dem 1960 erstmals publizierten, lange Jahre in Verwendung befindlichen Liber latinus ,dem Lateinbuch an Österreichs Gymnasien, beginnt Autor Edgard Haider seinen historischen Streifzug durch 2000 Jahre Geschichte der Stadt Wien. Eine der Wurzeln, ein Ursprung der heutigen Bundeshauptstadt lag in der Befestigungsanlage des römischen Militärs entlang des Limes, des Grenzwalls des Kaiserreichs. Auch heute noch gibt es Menschen, die leicht ironisch von einer Expedition nach Transdanubien sprechen, wenn sie in Wien die Demarkationslinie der Donau Richtung Norden überqueren.

Edgard Haider, "Wien. 2000 Jahre Geschichte". € 32,– / 232 Seiten. Elsengold-Verlag, Berlin/ Wien 2021.
Foto: Elsengold-Verlag

Der Historiker Edgard Haider spannt einen breiten Bogen – auch abseits des Schicksals von Marc Aurel in "Vindobona". Der 1949 geborene Historiker, langjährige Journalist beim ORF-Radio, präsentiert Wien als Sehnsuchtsort, als Schmelztiegel, als Metropole und Provinz. Er beschreibt die Donaumetropole angesichts des Vielvölkerstaates als Melange, kulturell, ethnisch, gesellschaftlich. In 16 Kapiteln widmet sich Haider den Kelten, Römern, Awaren, Slawen, Tschechen, Böhmen und Hunnen, den Bayern und den Wiener "Ureinwohnern", auf herrschaftlicher Seite den Franken, Deutschen, schließlich den Babenbergern, Habsburgern, vor der Republik.

Das Kompendium thematisiert Wohlstand und Armut, die industrielle Revolution, das bürgerliche Aufbegehren, das Zeitalter des introvertierten Biedermeier, die Blüte in Bezug auf Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft im Fin de Siècle der prosperierenden k. u. k. Monarchie Österreich-Ungarn, deren Implosion und Untergang, die Rolle während der jungen dilettierenden Demokratie, den "Ständestaat", die unrühmliche Ära der NS-Diktatur sowie die Metamorphose der unfreundlichen Stadt zu einer modern-weltoffenen Metropole, die zu Recht als Weltkulturerbe in letzter Zeit des Öfteren zur "lebenswertesten Stadt der Welt" gekürt wurde.

Naturgemäß werden alle Aspekte angerissen, der durch eine präzise Chronik abgerundete Überblick ist einprägsam, eindrucksvoll detailgetreu. (Gregor Auenhammer, 10.8.2021)