Angus Andrew auf der Suche nach dem Höhlengleichnis.

Foto: Clemens Habicht

Ein Blitz schlägt niemals zweimal an derselben Stelle ein. Das Flüchtige, Überraschende, Angstmachende, Unheimliche kennzeichnet auch das neue Album der Liars. Mit The Apple Drop (Mute/Pias) liegt mittlerweile die zehnte Arbeit der australischen Band vor. Und sie ist sensationell gut geworden.

Das mag daran liegen, dass das einzige konstante Bandmitglied Angus Andrew dieses Mal wieder bereit ist, halbwegs konzisen Songstrukturen zu folgen und obendrein wieder zusätzlich zum Laptop für die Dynamik nicht ganz unwesentliche Instrumente wie Schlagzeug oder Gitarre zuzulassen.

Zum anderen hat Andrew nach 20 Jahren Liars und ebenso langer Zeit auf Antidepressiva wegen Angststörungen die Medikamente abgestellt und, bei richtiger Dosierung, die wohltuende Wirkung von Magic Mushrooms entdeckt. Kurz, der Mann läuft nicht mehr ferngesteuert herum.

Rastlose Energie

Für die Songs von The Apple Drop arbeitete Andrew nach längerer Zeit solo auch wieder mit anderen Musikern zusammen. Laurence Pike etwa zählt zu den besten Jazzschlagzeugern seiner Generation. Sein akzentuiertes, aber nie selbstgefälliges Spiel sorgt auch dafür, dass die Lieder nie ins übliche Indierock-Klischee abstürzen.

LIARS

Sekwar bringt diese neue Energie eines ewig Rastlosen auf den Punkt. Man hört eindringlichen Sprechgesang und über unebenes Gelände stolpernde Beats. Die hätte ein Aphex Twin in den 1990er-Jahren eventuell für ein Stück der Drogenpopper The Flaming Lips beigesteuert. Dazu gesellt sich Gitarrenzupferei aus der düsteren Ecke der frühen 1980er-Jahre. Vielleicht kommt gleich Robert Smith ums Eck geheult.

Überhaupt hat Andrew nach avantgardistischem Experiment und innovatorischer Pose wieder zurückgefunden in die Zeit des Postpunk. An manchen Stellen hört man nicht nur die Swans (Star Search), sondern auch Noiserock von Sonic Youth. Gutes Album. (Christian Schachinger, 11.8.2021)