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R. Kelly in der Augen einer Gerichtszeichnerin.

Foto: Reuters / Jane Rosenberg

New York – Bei all den Missbrauchsvorwürfen, die Robert Sylvester Kelly bereits seit Jahrzehnten begleiten, gerät fast schon in Vergessenheit, dass der 54-Jährige als R. Kelly mit mehr als 150 Millionen verkauften Tonträgern einer der erfolgreichsten Musiker der Gegenwart ist. Das spielt seit Montag aber keine Rolle: In New York läuft seitdem der erste Missbrauchsprozess gegen den einstigen Popstar.

Los ging es vor einem Bundesgericht in Brooklyn mit ersten Befragungen potenzieller Geschworener. Bis zum 18. August, wenn der Prozess mit den Auftaktplädoyers so richtig startet, müssen zwölf Jurorinnen und Juroren und sechs Ersatzpersonen gefunden werden.

Kelly wird laut Anklageschrift unter anderem Vergewaltigung, sexueller Missbrauch und sexuelle Ausbeutung Minderjähriger vorgeworfen; weiters Kinderpornografie und "Racketeering" – eine Form der illegalen Geschäftsführung als Teil der organisierten Kriminalität. Jahrelang soll der Musiker mithilfe seiner Manager, Bodyguards und weiterer Mitarbeiter Mädchen und Frauen zum Sex gezwungen haben.

Kelly hat auf nicht schuldig plädiert und spricht von einer Rufmordkampagne seiner Kritiker.

Konsequenzen nach Doku

Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen R. Kelly gibt es seit Mitte der 1990er-Jahre. Die Gerichtsverfahren endeten aber nahezu immer mit einer außergerichtlichen Einigung. Im Jänner 2019 strahlte der TV-Sender Lifetime die Dokumentation Surviving R. Kelly aus, in der mehrere Frauen dem Musiker sexuellen Missbrauch vorwarfen. Sie schlug hohe Wellen: Musikerkollegen distanzierten sich von ihm, außerdem wurden Radiosender dazu aufgerufen, Kellys Musik zu boykottieren. Vor allem aber prüften mehrere Staatsanwaltschaften die Vorwürfe.

Nur kurze Zeit später, im Februar 2019, wurde Kelly festgenommen, kam aber nach drei Tagen auf Kaution frei. Im Juli desselben Jahres erfolgte die nächste Festnahme, seitdem sitzt er im Gefängnis.

Eigentlich hätte der Prozess bereits im Mai 2020 starten sollen, ist aber wegen der Corona-Pandemie immer wieder verschoben worden. Er soll mehrere Wochen dauern, Kelly droht eine jahrzehntelange Haftstrafe. Außerdem liegen auch in Chicago und Minnesota ähnliche Anklageschriften vor. (red, 10.8.2021)